© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/18 / 12. Oktober 2018

Islamisierung findet nicht statt
Stimmen im Vorfeld der Deutschen Islamkonferenz
Dirk Glaser

Die 2006 vom damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit dem markigen Spruch „Der Islam ist Teil Deutschlands und Europas“ ins Leben gerufene Deutsche Islamkonferenz soll in eine neue Runde gehen. Und zwar unter der radikaleren, von Horst Seehofers Innenstaatssekretär Markus Kerber (CDU) ausgegebenen Leitidee eines „deutschen Islam“.

Wer dabei sogleich klagend und fordernd auf der Matte steht, ist Aiman Mazyek, seit 2010 Vorsitzender des Zentralrats der Muslime (ZMD). Er wolle das Erreichte natürlich nicht geringschätzen, aber: In NRW, dem Bundesland mit einer Million Muslimen, kämen weiterhin nur 20.000 von 360.000 überwiegend türkisch-arabischen Schülern in den Genuß islamischen Religionsunterrichts. Das sei ebenso unerträglich wie der Unterton des Begriffs „deutscher Islam“. Da klinge nämlich durch, es käme vor allem auf die Verfassungskonformität des Islam an. Dabei „gibt es keinen Islam, der nicht verfassungskonform ist“, sondern nur einzelne Muslime, die „kriminelle oder extremistische Handlungen begehen“ (Herder Korrespondenz, 9/2018).

Der ZDF-Redakteur Abdul-Ahmad Rashid, der an die „liberalen Muslime“ appelliert, sich zu organisieren, um auf der Konferenz ein Gegengewicht zu konservativen Verbänden wie Mazyeks ZMD zu bilden, nimmt hingegen eine sich immer mehr zersplitternde islamische Szene wahr, aber kaum Ansätze für Kerbers deutschen Islam. Besuche man hierzulande Moscheen, habe man oft das Gefühl, „eben nicht in Deutschland zu sein“, wenn in einer fremden Sprache gepredigt werde. Notwendig sei daher endlich ein „zeitgemäßes Koranverständnis und Predigten auf deutsch von in Deutschland ausgebildeten Geistlichen.

Für Michael Blume, den „Beauftragten gegen Antisemitismus“ der baden-württembergischen Landesregierung, signalisieren solche Kontroversen im Vorfeld der Konferenz lediglich, daß kein Handlungsbedarf bestehe. Stattdessen solle erst eine wissenschaftlich belastbare Bestandsaufnahme des Islam in Deutschland erfolgen. Die hohe Zahl von fünf Millionen Muslimen beruhe offenbar auf „schlampiger Statistik“, denn sie orientiere sich an der Herkunft, nicht an der Zahl der tatsächlich Gläubigen. Und deren Zahl gehe parallel zu den sinkenden Geburtenzahlen in der Türkei oder im Iran zurück. Weshalb es auch keine Gefahr der Islamisierung Europas gebe und der „Geburtendschihad“ eine „reine Fiktion“ sei.