© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/18 / 12. Oktober 2018

Gründung der „Juden in der AfD“
Neuen Realitäten stellen
Christian Vollradt

Da schließen sich zwanzig AfD-Mitglieder jüdischen Glaubens zu einer innerparteilichen Organisation zusammen – und der deutsche Blätterwald rauscht fast einmütig: „Wie können die nur?!“ 

Ach, wo sind sie nur hin die alten, liebgewonnenen Klischees? Juden haben in erster Linie Juden zu sein, nicht etwa vielfältig und politisch unterschiedlich eingestellte Bürger. Und das Spektrum rechts der Mitte hat gefälligst antisemitisch zu ticken, weil das ja früher schon so war. 

Ja, es gibt wie andernorts auch Antisemiten (die sich gern als „Antizionisten“ bemänteln) in der AfD. Die Unterstellung, die Partei an sich sei judenfeindlich, ist Unfug. Daran ändert auch nichts, daß nun perfiderweise ein bis zwei einschlägig bekannte Irrlichter aus dem AfD-Séparée in den Chor der „Wie können die nur?!“-Mäkelnden mit einstimmen. 

Wer sich allerdings den neuen Realitäten stellt, sollte anderes fragen: Was vermissen jüdische Gläubige, die sich Sorgen um den gewaltbereiten Antisemitismus moslemischer Zuwanderer machen oder die ein traditionelles Verständnis von Familie haben, bei den anderen, linken sowie bürgerlichen Parteien oder bei ihren etablierten konfessionellen Interessenvertretungen? Eine moderne patriotische, freiheitlich-konservative Kraft mit glaubwürdiger Abgrenzung zum Rechtsextremismus kann sich auch dieser Wählerklientel als Alternative anbieten.