© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/18 / 28. September 2018

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Zu dritt vermasselt
Paul Rosen

Angela Merkel hat sich entschuldigt. Das war als Abschluß der Causa Maaßen schon eine andere Geste als nach dem Migrations-Drama von 2015, als sie achselzuckend bemerkte: „Ist mir egal, ob ich schuld am Zustrom der Flüchtlinge bin. Nun sind sie halt da.“ Gleich blieben allerdings die Abläufe: Weder beim Flüchtlingszustrom noch bei der Entfernung von Hans-Georg Maaßen aus dem Amt des Verfassungsschutzpräsidenten wurde eine der in der Verfassung dafür vorgesehenen Institutionen (Kabinett, Bundestag) unterrichtet. Entscheidungen werden in Berlin immer häufiger in kleinsten Zirkeln getroffen. Dabei hat die Verfassung Gremien vorgesehen, in denen sich politische Streitigkeiten lösen lassen. Der Bundestag hat Ausschuß- und Plenarsitzungen. In Ausschüssen wie im Plenum läßt sich der politische Wille der Abgeordneten, die immerhin Vertreter des deutschen Volkes sind, per Abstimmung feststellen. Für die Willensbildung einer Fraktion gibt es Fraktionssitzungen. Und sollten innerhalb der Regierungsfraktionen Meinungsverschiedenheiten deutlich werden, gibt es als Verständigungsgremium den im Koalitionsvertrag vorgesehenen Koalitionsausschuß. 

Keines der genannten Gremien wurde rechtzeitig mit der Causa Maaßen befaßt. Merkel, Innenminister und CSU-Chef Horst Seehofer sowie die SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles vereinbarten in einer weder in Verfassung noch Koalitionsvertrag vorgesehenen ersten Dreier-Runde die Entfernung von Maaßen aus dem Verfassungsschutzamt und seine Beförderung zum Staatssekretär. Zuvor war im Innenausschuß des Bundestages und in der Haushaltsdebatte zwar über den Fall gesprochen worden; doch eine Entlassung von Maaßen war dort von der SPD nicht gefordert worden. Das fiel Nahles erst ein, als der Bundestag bereits im Wochenende war. 

Fraktionen wurden somit nicht mit der Sache befaßt, Bundestagsgremien auch nicht. Schließlich war in der folgenden Woche sitzungsfrei; und die Abgeordneten wegen einer wichtigen Entscheidung nach Berlin zu holen, kam weder Merkel noch Seehofer, noch Nahles in den Sinn. Ein Hauch von Autokratie war zu spüren. 

Vielleicht hätte der Rat des ein oder anderen erfahrenen Zeitgenossen mit Mandat noch verhindern können, wie das Berliner Dreigestirn die Causa Maaßen vermasselte und selbst bei Wohlwollenden den letzten Respekt verlor. Die erste Einigung (Maaßen als Staatssekretär) wurde gleich per Pressemitteilung des Innenministeriums verkündet – als ob es sich um einen Regierungsbeschluß gehandelt hätte. Auch Mitglieder zu befragen kam niemand in den Sinn. Ein paar Mails mußten reichen. 

Immerhin durfte beim zweiten Treffen, als Maaßen vom Staatssekretär zum „Sonderbeauftragten“ degradiert wurde, auch Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) dabei sein. Besser gemacht hat das nichts. Denn vor Beginn dieses Treffens hatte Seehofer schon zur Pressekonferenz zwecks Bekanntgabe der Einigung der noch gar nicht zusammengetretenen Runde geladen – offenbar frei nach dem Motto: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt’s sich völlig ungeniert.