© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/18 / 21. September 2018

IWF-Chefvolkswirt kritisiert deutsche Leistungsbilanzüberschüsse
Heimtückische Ratschläge
Bruno HolLnagel

Maurice Obstfeld warnt, daß die „unverhältnismäßigen“ deutschen Leistungsbilanzüberschüsse (2017: 262,5 Milliarden Euro) das Risiko einer neuen Finanzkrise befördern. Deutschland solle daher seinen „fiskalischen Spielraum“ nutzen, die heimische Nachfrage durch Investitionen in Infrastruktur oder Digitalisierung zu erhöhen, forderte der frühere Obama-Berater und Chefvolkswirt des Währungsfonds (IWF). Firmen müßten zu Investitionen in der Heimat bewegt, die Lebensarbeitszeit verlängert und höhere Löhne erwirkt werden.

Die neokeynesianischen Forderungen des US-Ökonomen sind aber nicht zu Ende gedacht: Längere Arbeitszeiten und die Effizienz steigernde Investitionen sowie die damit verbundene Mehrleistung würden den Leistungsbilanzüberschuß noch weiter erhöhen. Und die deutsche Fiskalpolitik ist bereits expansiv: 356,8 Milliarden Euro will der Bund 2019 ausgeben – 13 Milliarden mehr als im laufenden Jahr. Eine Risikovorsorge für schlechte Zeiten, etwa im Rahmen eines forcierten Schuldenabbaus, erfolgt nicht.

Die auch von Donald Trump oder der EU-Kommission monierten Ungleichgewichte im Handels- und Dienstleistungsbereich resultieren aber nicht nur aus hohen deutschen Leistungen, sondern auch aus geringen Leistungen der anderen. Warum fordert Obstfeld nicht die Wettbewerbsfähigkeit durch mehr Investition, Innovation und Lebensarbeitszeit in den USA zu steigern? Er will, daß Deutschland weniger leistet, um so die Exporte zu drosseln – das dürfte auch im Sinne seiner Chefin sein: Seit 2011 steht die Französin Christine Lagarde an der Spitze des IWF. Obstfeld fordert also eine Reduzierung des deutschen Lebensstandards, damit der amerikanische oder französische steigt. Und es ist immer bequemer, Forderungen an andere zu stellen, statt selbst die Ärmel hochzukrempeln.

Aber was wäre nun eine wirkliche Lösung? Deutschland bräuchte statt des weichen Euro nur eine starke eigene Währung. Eine neue D-Mark würde den Leistungsüberschuß dämpfen, ohne den Wohlstand einzuschränken: Ein Überschuß würde den D-Mark-Kurs steigen lassen. Reisen und Importe würden billiger und Ausfuhren teurer. Die Deutschen bekämen mehr für ihr Geld. Dies würde den Wohlstand – trotz möglicher Exportverluste – steigern. Der einstige SPD-Wirtschaftsminister Karl Schiller nannte dies die Sozialdividende der Währungsaufwertung. Dies würde auch Rentnern Vorteile bringen, denn das deutsche Rentenproblem ist auch der schwachen Kaufkraft des Euro geschuldet.

Ein Beispiel: Die Mark steigt um zehn Prozent; VW-Wertschöpfung in Deutschland 28 Prozent, im Ausland 72 Prozent. Ergebnis: Ein Golf würde im Ausland 2,8 Prozent teurer und im Inland 7,2 Prozent billiger.






Dr. Bruno Hollnagel, Ökonom und Wirtschaftsingenieur, ist AfD-Bundestagsabgeordneter und Mitglied im Finanzausschuß.