© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/18 / 14. September 2018

Der rüde Ankläger
Feindbild der US-Linksliberalen: Der „Kommunistenjäger“ Joe McCarthy verdankte seine politische Karriere ausgerechnet den Stimmen der Demokraten
Erich Körner-Lakatos

Manche Kommentatoren vergleichen das rüde Verhalten von Donald Trump mit dem von Joe McCarthy. Um das seriös beurteilen zu können, erweist es sich als notwendig, über das Leben und Wirken McCarthys einigermaßen Bescheid zu wissen.

Joseph Raymond, kurz Joe, wurde am 14. November 1908 im Weiler Grand Chute, Wisconsin als Sohn irischstämmiger Farmer geboren. Er studiert Jura an der Universität Milwaukee, wird 1936 Anwalt, dann Bezirksrichter. Anfang 1942 meldet sich McCarthy freiwillig an die Front – im Südpazifik als MG-Schütze in einem Jagdbomber. Zurück aus dem Krieg stürzt sich der 37jährige in die Politik. Bei den Vorwahlen innerhalb der Republikanischen Partei im Staate Wisconsin heißt sein prominenter Kontrahent Robert La Follette junior. Kaum jemand setzt auf McCarthy. Doch am Abend des 13. August 1946 ist die Sensation perfekt, La Follette liegt rund fünftausend Stimmen hinter McCarthy. Den Ausschlag geben die Arbeiterbezirke der Hauptstadt Milwaukee. 

Joe McCarthy ist Nutznießer eines Tricks der Demokraten, die sich massenhaft in die republikanischen Listen eintragen, um bei den Vorwahlen des Gegners mitzumischen. Sie alle votieren für den Außenseiter McCarthy, um bei der eigentlichen Senatswahl die Chance für den demokratischen Bewerber zu vergrößern. Die Rechnung geht nicht auf: McCarthy zieht im November 1946 in den Senat ein. Nebenbei: Der körperlich ungemein kräftige Mann braucht zwischendurch etwas Handfestes. So schuftet er 1948 inkognito als Erntehelfer auf einer Farm in North Dakota, der vermeintliche Tagelöhner freut sich jeden Abend über die zehn Dollar, die ihm der Bauer für die harte Feldarbeit zuschiebt.

Konflikt mit Eisenhower  beendete seine Karriere

Im Juni 1950 bricht der Koreakrieg aus, in den USA beginnt die Suche nach getarnten Kommunisten. Der Atomspion Klaus Fuchs hat noch Glück, das Urteil lautet auf vierzehn Jahre hinter Gittern. Ein schlechteres Los ziehen die Eheleute Julius und Ethel Rosenberg, das Gericht erkennt im April 1951 auf Tod auf dem elektrischen Stuhl. 

Im Januar1953 erhält McCarthy den Vorsitz eines Untersuchungsausschusses des Senats. Nicht nur Regierungsbeamte, auch Schauspieler, Künstler und Intellektuelle geraten in sein Visier. Albert Einstein fordert dazu auf, Aussagen vor dem Ausschuß zu verweigern. Die Schauspielerin Katherine Hepburn wiederum gibt McCarthy keinerlei ernsthafte Antworten. Daraufhin erläßt Eisenhower eine Verordnung, wonach Staatsbeamte entlassen werden, sollten sie nicht aussagen.

Am 24. November 1953 bemängelt McCarthy in einer TV-Ansprache, die Regierung gehe nicht energisch genug gegen die Roten vor. Dies, obwohl seit Mai 1953 bereits 1.456 Staatsbeamte entlassen worden sind. Im Februar 1954 legt sich McCarthy mit der Armee an. Er beleidigt im Zuge eines Verhörs General Ralph W. Zwicker, nennt ihn eine Schande für die US-Uniform. Jetzt kommt es zum Konflikt mit Eisenhower, der sich als Schutzherr der Streitkräfte betrachtet und scharfe Kritik an den Methoden McCarthys übt. Einmal noch triumphiert McCarthy: Am 19. August 1954 billigt der Senat einstimmig ein Gesetz, wonach die KP in den USA illegal ist und gerichtlich verurteilte Kommunisten automatisch die Staatsangehörigkeit verlieren. 

Auf Drängen Eisenhowers beantragt Senator Ralph Flanders eine Untersuchung der Beschwerden über die Gebaren McCarthys. Am 2. Dezember 1954 tadelt ihn der Senat mit 67 zu 22 Stimmen wegen Taktlosigkeit und Verstoß gegen die Traditionen des US-Oberhauses, entzieht ihm den Ausschußvorsitz. Nun wird es still um McCarthy. Seine Senatskollegen ignorieren ihn, er beginnt zu kränkeln, dazu kommt der Alkohol. Im April 1957 erfolgt die Einlieferung in ein Marinespital: Die Diagnose lautet Leberzirrhose. Joe McCarthy stirbt am 2. Mai 1957 im 49. Lebensjahr.