© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/18 / 14. September 2018

Brandbrief des Vorstands an die Führungskräfte der Bahn AG
Komplett gescheitert
Jörg Fischer

Die Gründung der Deutschen Bahn AG sollte nicht nur Bundes- und DDR-Reichsbahn vereinen, sondern mehr Verkehr auf die Schiene verlagern, den Bundeshaushalt entlasten und eine Börsenprivatisierung ermöglichen. Rein formal mögen diese Ziele teilweise erreicht worden sein, in der Praxis ist die Bahnreform von 1994 komplett gescheitert – mit einer Ausnahme: Die Vorstände werden nicht mehr nach Besoldungsgruppe B11 (Staatssekretär), sondern „marktgerecht“ auf Dax-Niveau bezahlt.

Der DB-Vorstand müßte zurücktreten, doch stattdessen schreibt er einen Brief an seine zahlreichen Führungskräfte: „Die Pünktlichkeit beim Fernverkehr ist weiter abgerutscht und liegt per August mittlerweile bei unter 76 Prozent. Damit ist sie schlechter als 2015“, heißt es darin. Das „operative Ergebnis Ebit liegt auch per Juli deutlich unter Vorjahr“. Wenn sich dieser Trend fortsetze, stehe „das auf 2,1 Milliarden Euro reduzierte Ergebnisziel im Risiko“. Und wie soll die „schwierige Lage“ verbessert werden? Vor allem durch einen „strengen Kostenfokus“ à la McKinsey. Das hat der unvergessene DB-Chef Hartmut Mehdorn zehn Jahre bei Beschaffung, Wartung und Schienennetz vorexerziert: 2009 hierließ er seinen Nachfolgern ein kaputtgespartes, globalisiertes Transportunternehmen, das an der Börse nur zu verramschen gewesen wäre.

Die nun von Richard Lutz, Ronald Pofalla & Co. geforderte „geschäftsfeldübergreifende Zusammenarbeit“ ist der irrwitzig-teuren Zersplitterung der DB in zahlreiche Geschäftsbereiche geschuldet. Der Verkehrsmarktanteil der Bahn ist im Personen- wie im Güterverkehr kaum gestiegen. Ja, der Bundeshaushalt wurde entlastet – dafür sind nun die Steuerzahler der Bundesländer in der Milliardenpflicht, und die Regionalexpreßzüge enden daher kurz hinter den Ländergrenzen. Beim Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 sind Kosten und Termine wie beim Hauptstadtflughafen BER völlig aus dem Ruder. Was tun? An erfolgreichen Vorbildern orientieren: Schweizer und Japaner wissen, wie’s geht.