© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/18 / 07. September 2018

Blick in die Medien
Durchhalten auf Arte
Tobias Dahlbrügge

Die deutsche Filmgeschichte ist reich an Propaganda- und Durchhaltestreifen. Die zeitgenössische Variante davon sind TV-Produktionen des Anstalts-Fernsehens, in denen der „Buntheitismus“ gefeiert wird. Das Sujet ist stets dasselbe: Der edle „Freitag“ trifft sowohl auf „weltoffene“ wie auf „vorurteilsbehaftete“ Deutsche. Die toleranten Vielfaltspinsel werden durch Freitags Freundschaft bereichert, während die Skeptiker am Ende als tumbe Hinterwäldler ausgelacht werden.

Und die Volkserzieher des Bezahlfernsehens werden nicht müde, diese Doktrin immerzu aufs neue zu variieren. Neuestes Beispiel ist der Arte-Fernsehfilm „Schöne heile Welt“, der am 31. August zur besten Sendezeit ausgestrahlt wurde.

Der Flüchtlingsjunge erinnert Willi an seinen Sohn, zu dem er keinen Kontakt mehr hat.

Im Mittelpunkt steht der deutsche „Sozialschmarotzer“ Willi, Mitte 50, arbeitslos, den der Sender wie folgt zeichnet: „Für die Arbeit im Baumarkt ist er sich zu fein, da liegt er lieber dem Steuerzahler auf der Tasche.“ Doch dann vermietet er eine Wohnung in seinem gammeligen Mietshaus an eine Flüchtlingsfamilie – und schon scheint die Sonne in sein tristes Leben. Eine Szene zeigt den noch etwas schüchternen, aber bereits verzückten Willi inmitten fröhlicher schwarzer „Schutzsuchender“, die in seiner Wohnung eine ausgelassene Party feiern. Ein kleiner Flüchtlingsjunge, der sich von ihm „Franz“ rufen läßt, erinnert Willi schmerzlich an seinen eigenen Sohn, zu dem er seit Jahren keinen Kontakt mehr hat – da geht einem doch das Herz auf –, und natürlich entsteht eine tolle bunte Freundschaft zwischen allen.

Angesichts der tagtäglichen Ausländergewalt im öffentlichen Raum, in Arztpraxen und Ämtern ist diese 80er-Jahre-Pädagogik so bizarr wie Endsiegparolen im Mai 1945. Die naiven „Wir schaffen das!“-Augusts sind anscheinend vollkommen blind und taub dafür, wie „messerscharf“ der Kontrast ihrer Fiktionen zur Realität ausfällt.