© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/18 / 31. August 2018

Frisch gepresst

Der Islam. Das jüngste, einmal mehr dem Islam geltende monumentale Werk des emeritierten Göttinger Orientalisten Tilman Nagel weicht von dem im Westen von den hochideologisierten Islamwissenschaften geformten, multimedial vermittelten Bild dieser politischen Weltreligion ab. Es empfiehlt sich, die Lektüre mit dem letzten Kapitel zu starten, das eine fundierte Kritik der zwecks Rechtfertigung „bereichernder“ muslimischer Massenzuwanderung eifrig „Verblendungszusammenhänge“ (Horkheimer/Adorno) stiftenden Islamwissenschaften bietet. Auch viele seiner Kollegen, so führt Nagel aus, hätten dabei von den mühsam erkämpften wissenschaftlichen Standards Abschied genommen, um sich nun an „Glaubenswahrheiten“ zu halten. Wie jener von der angeblichen Vereinbarkeit unserer freiheitlichen säkularen Grundordnung mit dem vorsintflutlichen Weltbild des Korans, obwohl die Glaubens- und Meinungsfreiheit verbürgenden Werte der Aufklärung in keinem islamischen Land toleriert werden. Vorzüglich geeignet zur kultur- und religionshistorischen Vertiefung der Debatte um die druckfrische Streitschrift Thilo Sarrazins (Seite 7) hätte Nagels Opus zu keinem günstigeren Zeitpunkt erscheinen können. (wm) 

Tilman Nagel: Was ist der Islam? Grundzüge einer Weltreligion, Verlag Duncker & Humblot, Berlin 2018, gebunden, 694 Seiten, 39,90 Euro





1918. Die politische Linke in Deutschland hadert auch nach hundert Jahren noch mit der Revolution des Novembers 1918. So kommt der Historiker Stefan Bollinger offenbar nicht darüber hinweg, daß nach dem Ende des Ersten Weltkrieges keine kommunistische Regierung den Kaiser ablöste. In seinem Buch „November ’18“ beleuchtet das Mitglied der Historischen Kommission der Linkspartei die politischen Unruhen zwischen 1918 und wagt Ausblicke in die folgenden Jahre. Dabei präsentiert er dem Leser auch einen Überblick über die Deutungskämpfe der Geschichtsschreibung. Dabei gibt sich Bollinger keine Mühe, seine Sympathien für die Revolutionäre um Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht zu verbergen. Kritische Distanz zum Thema sieht anders aus. Das Lamentieren über verpaßte Möglichkeiten der Kommunisten sagt jedenfalls mehr über das den Zustand der heutigen Linken aus, als daß es etwas Neues zum eigentlichen Thema beiträgt. (ag)

Stefan Bollinger: November ‘18 – Als die Revolution nach Deutschland kam. Verlag Das Neue Berlin, Berlin 2018, broschiert, 251 Seiten, 14,99 Euro