© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/18 / 24. August 2018

Eine Legende steht nach 66 Jahren vor dem Aus
Diebold Nixdorf: Hohe Schulden und der Trend weg vom Bargeld bedrohen den Geldautomatenhersteller / Kommt die Rettung aus den USA oder aus China?
Christian Schreiber

Die Computerindustrie befand sich noch in den Anfängen, als Heinz Nixdorf 1952 sein Labor für Impulstechnik in Essen gründete. Nur mit einer Idee zum Bau eines Elektronenrechners ausgestattet, gewann der Physikstudent den Energieversorger RWE als ersten Kunden. Daraus entstand ein global operierendes Unternehmen.

Doch diese Zeiten sind vorbei, Nixdorf ist kein Familienunternehmen mehr sondern in amerikanischer Hand (JF 50/15). Auch die jüngste Hiobsbotschaft kommt von der anderen Seite das Atlantiks: Die US-Ratingagentur Moody’s stufte die Kreditwürdigkeit des mit Umsatzrückgängen kämpfenden Geldautomatenherstellers Diebold Nixdorf, der am Standort Paderborn noch 1.700 Mitarbeiter hat, auf B3 herab: „hochspekulativ“, bei einer Verschlechterung der Lage seien Zahlungsausfälle „wahrscheinlich“. Der neue Vorstandschef Gerrard Schmid rechnet für das laufende Geschäftsjahr mit einem Verlust von 325 bis 365 Millionen Dollar.

Das deutsch-amerikanische Unternehmen leidet unter anderem deshalb unter Verlusten, weil in vielen Ländern Bargeld eine immer geringere Rolle spielt. Dabei sollte die Fusion mit dem US-Rivalen Diebold den Wendepunkt für Nixdorf bringen. 1,9 Milliarden Dollar zahlten die Amerikaner für die deutsche Konkurrenz. Doch die Übernahme lief über Kredite – mit fatalen Folgen. Derzeit weist Diebold Nixdorf Schulden in Höhe von 1,6 Milliarden Dollar aus. Der Aktienkurs fiel innerhalb von zehn Monaten von 23,50 auf zeitweise unter vier Dollar. Und die konzernweit 23.000 Beschäftigten machen sich Sorgen. Allein die Zinszahlungen für den kreditfinanzierten Kauf belaufen sich US-Medien zufolge auf 100 Millionen Dollar pro Jahr. „Der Kassenbestand, der entscheidend für die Liquidität des Unternehmens ist, hat sich innerhalb eines halben Jahres bis Ende Juni 2018 auf 313 Millionen Euro halbiert“, schreibt die Neue Westfälische Zeitung.

Scheitert eine Fusion mit NCR an der Kartell-Frage?

In seiner Glanzzeit produzierte Nixdorf an sieben Standorten in Deutschland, Irland, Spanien, den USA und Singapur. 1988, zwei Jahre nach dem Tod des Firmengründers, mußte ein strategischer Partner gesucht werden. Doch auch die Fusion mit der entsprechenden Siemens-Sparte brachte keinen langfristigen Umschwung. 1999 transferierte der Münchener Elektronikriese den Computerbauer Nixdorf in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem japanischer Technologiekonzern Fujitsu. Aus Siemens-Nixdorf wurde Fujitsu-Siemens. Übriggeblieben ist schon zu dieser Zeit der Name Nixdorf nur im Bereich Kassensysteme und Geldautomaten. Siemens verkaufte die Sparte schließlich an eine Investorengruppe, bestehend aus der Investmentbank Goldman Sachs und dem Finanzinvestor KKS. Unter dem Namen Wincor Nixdorf ging es dann wieder aufwärts. Doch der Trend zur Kartenzahlung läutete eine neue Krise ein. Auch die Übernahme von Diebold hat keine Stabilisierung gebracht.

US-Medien berichten nun, Diebold Nixdorf suche einen neuen Käufer. Doch auch ein erneuter Verkauf könnte sich als schwierig darstellen. Laut Manager-Magazin sind der im US-Bundestaat Georgia ansässige Geldautomaten-Rivale NCR und Finanzinvestoren wie Bain Capital im Gespräch. NCR ist die weltweite Nummer eins der Branche. Eine Übernahme von Diebold Nixdorf, der Nummer zwei auf dem Markt, dürfte die Kartellbehörden aufschrecken.

Diebold Nixdorf steht für hochpreisige Qualität. Aber in Asien gibt es Mitbewerber, die deutlich billigere Produkte anbieten. „Und der weltgrößte Markt China ist seit drei, vier Jahren weggebrochen, weil China sich von westlichen Anbietern abschottet“, klagt ein Firmensprecher. Das sind wahrlich keine guten Perspektiven, denn auch dort ist das Bargeld auf dem Rückzug.

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