© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/18 / 24. August 2018

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Alle sind gleich. Fast.
Christian Vollradt

Spannendes Thema, hochkarätige Referenten: Der Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr, bestens vernetzt im politischen Berlin, lädt für Ende September zum Sicherheitspolitischen Forum in der Hauptstadt, um über die „Zukunft der Inneren Sicherheit in Deutschland“ zu debattieren. Der ehemalige Justizminister und Rechtswissenschaftler Edzard Schmidt-Jorzig soll die juristischen Rahmenbedingungen für den Einsatz der Streitkräfte im Inland abstecken. Danach kommen Militärs aus dem In- und Ausland zu Wort. Bei der abschließenden Podiumsdiskussion sollen dann Innen- und Verteidigungspolitiker aller im Bundestag vertretenen Parteien über das Thema streiten. 

Aller Parteien? Nun ja, die drittgrößte Fraktion, die AfD, fehlt. Nachfrage, warum kein Vertreter der Oppositionsführerin auf dem Podium sitzt. Man habe, so die Antwort des Reservistenverbandes, „nach reiflicher Überlegung nur solche Parteien eingeladen, die mehrjährige Erfahrungen als Regierungs- oder Oppositionspartei haben“. Ziel sei ein „erfahrungsbasierter Austausch“, um „praxisnahe Impulse für die sicherheitspolitische Diskussion in der Gesellschaft setzen zu können“, teilte die Sachgebietsleiterin Sicherheitspolitische Arbeit, Aysegül Recberlik, der JUNGEN FREIHEIT mit. 

„Dieses Argumentationskonstrukt ist an den Haaren herbeigezogen und äußerst windig“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion und ihr Obmann im Verteidigungsausschuß, Rüdiger Lucassen, der jungen freiheit. „Keine Partei im Bundestag verfügt über so umfangreiche sicherheits- und verteidigungspolitische Expertise wie die AfD. Allein unsere fünf Mitglieder im Verteidigungsausschuß kommen auf über 76 aktive Dienstjahre in der Bundeswehr. Das Verhalten des Reservistenverbands ist steuerfinanzierter Boykott der größten Oppositionspartei“, so Lucassen, der selbst Oberst i.G. außer Dienst ist.

Wollte Verbandspräsident Oswin Veith, Oberst der Reserve und CDU-Bundestagsabgeordneter, die unliebsame Konkurrenz auf Abstand halten? Immerhin verpflichtet die Satzung den mehr als 115.000 Mitglieder starken Reservistenverband, der 2018 Zuwendungen in Höhe von 17.339.000 Euro aus dem Bundeshaushalt erhält, zur Überparteilichkeit. 

Auf Beschwerden und Boykott-Vorwürfe von AfD-Mitgliedern und Reservisten weist der Verband zurück. „Die AfD ist demokratisch in den Bundestag gewählt und damit von einem nicht unerheblichen Teil der Wähler legitimiert.“ Daher habe sich die Verbandsspitze auch mit AfD-Verteidigungspolitikern getroffen; außerdem sei bereits ein Vertreter der AfD-Bundestagsfraktion zu einer weiteren sicherheitspolitischen Veranstaltung, die im November in Erfurt stattfinden wird, eingeladen.

Für das Podium in Berlin ist indes Ulla Jelpke von der Linksfraktion angekündigt. Jene Abgeordnete, die den Ausschluß der Bundeswehr aus den Arbeitsagenturen gefordert hatte (JF 39/15) und deren Mitarbeiter Informationen über Veranstaltungen der Truppe an die linksextreme Szene weitergeleitet haben sollen (JF 6/14).