© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/18 / 10. August 2018

Ländersache: Brandenburg
Zu Risiken und Nebenwirkungen ...
Peter Möller

Diana Golze hat buchstäblich schon so manchen Sturm überstanden. Vor fast genau einem Jahr wurde Brandenburgs Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie während ihres Campingurlaubes in Italien bei einem Unwetter fast von einem umstürzenden Baum erschlagen. Die Linkspartei-Politikerin wurde schwer am Rücken verletzt und war monatelang dienstunfähig. Ein Jahr zuvor war Golze bereits in die Schlagzeilen geraten, weil ihr Büro während ihrer Zeit als Bundestagsabgeordnete bis 2014 für knapp 3.000 Euro auf Steuerzahlerkosten teure Montblanc-Füller gekauft haben soll.

Doch nun hat sich ein politischer Sturm über Golze zusammengebraut, der sie nach Einschätzung von Beobachtern in Potsdam das Amt kosten könnte. Denn der 43jährigen Ministerin, die im persönlichen Umgang bescheiden und zurückhaltend auftritt, aber als durchsetzungsfähige und gewiefte Strippenzieherin gilt, wird vorgeworfen, monatelang einen Medikamentenskandal verschlafen zu haben.

Das Arzneimittelunternehmen Lunapharm aus Brandenburg soll jahrelang mit illegalen Krebsmedikamenten aus Griechenland gehandelt haben. Durch unsachgemäßen Transport und Lagerung wurden die Medikamente wirkungslos. Dennoch wurden die Arzneien seit 2013 von Lunapharm an Apotheken und Krankenhäuser in elf Bundesländern geliefert. Mit möglicherweis fatalen Folgen für die Patienten. Nach Recherchen des ARD-Magazins „Kontraste“ wurde das dem Golze-Ministerium unterstellte Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG) schon Ende März vorigen Jahres auf Ungereimtheiten bei den betroffenen Medikamenten hingewiesen. Dennoch haben Mitarbeiter des Amtes die Informationen angeblich nicht an das Ministerium weitergemeldet.

Die politisch verantwortliche Ministerin war bis zu dem Fernsehbericht im Juli offenbar völlig ahnungslos. Und auch Golzes Krisenmanagement nach der Aufdeckung des Skandals wirkte alles andere als souverän und gipfelte in ihrem Eingeständnis, bei einer besseren Kommunikation wäre es bereits im Frühjahr 2017 möglich gewesen, die Medikamente zu beschlagnahmen. Noch ist nicht abzusehen, wie viele Patienten durch die wirkungslosen Medikamente zu Schaden oder gar ums Leben gekommen sind. Bei einer eigens eingerichteten Telefonhotline haben sich mittlerweile rund 1.000 mögliche Betroffene gemeldet.

Der Skandal trifft die Linkspartei in Brandenburg zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Im Herbst kommenden Jahres wird ein neuer Landtag gewählt und ausgerechnet Golze sollte für ihre Partei als Spitzenkandidatin ins Rennen gehen. Derzeit liegt die Linke hinter CDU, SPD (beide 23 Prozent) und AfD (22 Prozent) mit 17 Prozent auf dem vierten Platz. Eine Fortsetzung der Koalition mit der SPD unter Ministerprädient Dietmar Woidke ist in weite Ferne gerückt. Durch den Medikamentenskandal droht die Linkspartei nun weiter zurückzufallen. In Potsdam heißt es bereits, es gehe nicht mehr um die Frage ob, sondern wann Golze zurücktreten müsse. Ende August soll die von ihr zur Aufklärung des Medikamentenskandals eingesetzte Arbeitsgruppe einen Bericht vorlegen. Vieles deutet darauf hin, daß dieser Bericht das Ende der Karriere von Diana Golze markieren wird.