© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/18 27. Juli / 03. August 2018

EKD und Vatikan wollen Seenotrettung unterstützen
Ohne Blick auf die Folgen
Jürgen Liminski

Augustinus definiert Barmherzigkeit als das Mitleiden, Thomas von Aquin ergänzt: Zur Barmherzigkeit gehöre auch die Tat, die das Elend beseitige. Stehen die EKD und der Vatikan nun in der Linie dieser beiden großen Kirchenlehrer, weil sie gemeinsam das Elend im Mittelmeer lindern wollen, die EKD mit gesponserten Rettungsschiffen, der Vatikan mit diplomatischen Mitteln? Kaum! Beide überheben sich. Nicht nur, weil sie keine Flotten haben, sondern weil sie die Folgen der Rettung nicht bedenken.

Rettung ist das eine, Aufnahme und Integration das andere. Papst Franziskus hatte bei seinem Besuch in Schweden noch Einsicht gezeigt für begrenze Aufnahmekapazitäten. Es hilft niemandem, wenn ein Sozialstaat kentert. Diese Einsicht lassen manche Kirchenfunktionäre vermissen und fühlen sich gut dabei, auf jeden Fall besser als andere, die nicht so öffentlich sichtbar retten wollen.

Dieses Gefühl der Überheblichkeit ist ein großes Problem. Man muß nicht so weit gehen wie Arnold Gehlen, der Dekadenz am Werke sieht, „wenn die Dilettanten, die leichtfüßigen Intellektuellen sich vordrängen, wenn der Wind allgemeiner Hanswursterei sich erhebt“, denn dann lockerten sich „uralte Institutionen: das Recht wird elastisch, die Kunst nervös , die Religion sentimental“. Aber Sentimentalitäten reichen eben nicht.