© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/18 / 13. Juli 2018

Naschen wie früher
Viele Süßigkeiten sind verschwunden, einige kommen wieder
Verena Rosenkranz

Können Sie sich an die Werbung für die neuesten Turnschuhe heute morgen im Radio erinnern? An die für Frühstücksflocken in der Werbepause gestern abend? Nein? Die musikalische Untermalung der Schokoriegelwerbung aus Ihrer Kindheit können Sie aber heute noch auswendig? Etlichen Deutschen bedeuten die Süßigkeiten aus ihren Jugendtagen immer noch viel, stehen sie doch für eine unbeschwerte Zeit, in der vieles besser schien. Gerade auch weil es viele gar nicht mehr gibt oder Gerüchte über veränderte Zutaten und Geschmacksnoten immer wieder die Runde vor Supermarktregalen machen. Einige der beliebten Naschereien haben in den vergangenen Jahren eine Wiederbelebung erfahren. 

Erinnerungen an eigene Kindheit

Mit einem überraschten Gesicht freute sich eine junge Frau etwa über ihre Lieblingssüßspeise in den achtziger und neunziger Jahren. Die „Kleine Torte statt vieler Worte“ namens „Yes“ wurde 1981 von Nestlé in Deutschland mit Hilfe intensiver Fernsehwerbung eingeführt. Nachdem sie diverse Billigsupermärkte aber knapp 20 Jahre später wieder aus dem Sortiment nahmen, ging der Absatz stark zurück. Nach regelmäßigen Nachfragen ist das kleine Schokotörtchen allerdings wieder und sogar in verschiedenen Geschmacksrichtungen erhältlich. „Und das an meinem Geburtstag“, freut sich auch heute noch die Dame aus der Werbung.

Rustikaler geht es da schon beim Dauerbrenner für Schokolade, Milka, zu. Bereits vor Jahrzehnten warb der amerikanische Markenhersteller für Süßigkeiten mit einer alpinen Umgebung und Hüttenzauber. Das Grundprodukt und die typische, wiedererkennbare lila Verpackung sowie die Rezeptur sind seit 1901 unverändert. Das Lied „It’s cool man“ von einem urigen Almbewohner alias Peter Steiner gesungen, liegt heute immer noch vielen im Ohr. Letztendlich machte es den über 70jährigen berühmt und katapultierte die Werbemusik sogar in die europäische Hitparade, während die damals beworbene Linie „Milka Fresh“ bald wieder eingestellt wurde. 

Einen regelrechten Kultstatus hatte in Österreich und kurze Zeit ebenso in Deutschland ein käseförmiges Eis namens „Tschisi“. Das Vanilleeis am Holzstil wurde ursprünglich für Kinder entwickelt und mit größtem Erfolg vermarktet. Schon kurze Zeit nachdem es aus dem Handel genommen wurde, gab es sogar Petitionen und Zeitungsaufrufe, die beliebte Süßigkeit wieder zu produzieren. Mit verspätetem, aber enormem Erfolg: Allein in den ersten sieben Tagen nach der Wiedereinführung 2013 wurden über 1,7 Millionen Tschisi verkauft. Eine solche Aufforderung zur Wiedereinführung findet man in sozialen Netzwerken auch für den „Wunderball“, einen überdimensionalen Kaugummi mit mehreren – bei Pech auch salzigen oder bitteren – Schichten, die man ablutschen konnte.

Mit der Rückkehr steigt der Preis

Daß das „Besondere“ unwiderstehlich ist, wußten auch die Werbeproduzenten für den mit Cerealien gefüllten Schokoriegel „Canyon“. Nachdem das Produkt durch starke Konkurrenz wie Twix oder Snickers verdrängt wurde, werden heute wieder vermehrt Wünsche nach einer Wiedereinführung laut. Beim Onlineriesen Amazon kann man den beliebten Riegel und viele anderen Naschereien aus der Kindheit nun mit angeblich unveränderten Zutaten wieder bestellen. Während die Süßigkeiten damals nur wenige Groschen kosteten, schlägt eine kleine Packung „Retro Candy“ heute mit über 15 Euro teuer zu Buche. Auf anderen Seiten kann man sich ganze Pakete mit den populärsten Süßigkeiten aus der DDR bestellen. Mit dabei sind die Knusperflocken von Zetti, Halloren oder auch das unter Kindern beliebte Brausepulver. Während viele der „guten, alten Süßigkeiten“ heute noch vermißt werden, konnte Coca-Cola sich mit kluger Konsumentenbeobachtung beständig halten. Rund um die Jahrtausendwende wurde die dunkle Zuckerbrause in den verschiedensten Aufmachungen wie Plastikflasche oder Dose in diversen Größen auf den Markt gebracht und die kleine traditionelle mit Kronkorken verschlossene Flasche wurde immer rarer. Der Konzern riß das Steuer allerdings rasch herum und verkauft heute wieder vermehrt die aus Jugendtagen bekannte Glasflasche mit der rot-weißen Papieretikette.