© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/18 / 06. Juli 2018

Blick in die Medien
Bento-Leser wissen nix
Tobias Dahlbrügge

Bento ist hip, Bento ist „urban“, Bento ist ein Internetportal des Spiegel für „Menschen zwischen 18 und 30 Jahre, deren Zuhause das Internet ist“ und die sich für „gebildet“ halten. Es richtet sich an „die erste Generation der Digital Natives“, die es gewohnt ist, „in sozialen Netzwerken zu kommunizieren und sich im Web zu inszenieren“ und für die „Memes, Hashtags und Emojis eine große Rolle“ spielen. Die Redakteure von bento.de sind „in den sozialen Netzwerken aktiv – und zwar als Teil der Community“ und bilden „ein buntes Spektrum ab: Politische News und Neuigkeiten aus dem Web“. Die Ressorts sind „Hashtags, zum Beispiel: #Fühlen, #Gerechtigkeit, #Queer und #Style“. Also praktisch alles, was man als veganer Hipster mit Dutt aus dem Chai-Latte-Altbaukiez wissen muß.

„No Border“-Schreihälse und globale Konzerne sind im Grunde Gesinnungsgenossen.

Auch die Werbung auf Bento ist auf der Höhe des Zeitgeistes: Statt klassischer Anzeigen ist das Online-Magazin voll mit werblichen Beiträgen, die sich auf den ersten Blick nicht von redaktionellen Artikeln unterscheiden lassen. So kommt man erst im letzten Absatz eines Artikels über offene Liebesbeziehungen dahinter, daß der Beitrag Reklame für ein Kfz-Multimediasystem von Mercedes Benz ist, denn den Hinweis „Dieser Artikel wurde im Auftrag und mit Unterstützung von Mercedes-Benz verfaßt“, übersieht man glatt. 

Auch ein Artikel über totale Individualität und die allseits unvermeidbare „Buntheit und Vielfalt“ entpuppt sich im Schlußabsatz als Werbung für die neue A-Klasse mit dem Stern. Ein schönes Beispiel dafür, wie Marken Menschen zu molekularen Konsumnomaden erziehen und daß bildungsferne „No Border!“-Schreihälse und globale Konzerne im Grunde Gesinnungsgenossen sind. Dabei ist nicht ohne Ironie, daß das Mutterblatt, der Spiegel, diese „Native Adverstising“ genannte Form der Werbung noch 2014 selbst als „bewußte Irreleitung der Leser“ und „riskanten Tausch von Glaubwürdigkeit gegen Geld“ kritisiert hatte.