© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/18 / 29. Juni 2018

Das Volk steht nur im Weg
Multikulturalismus: Bundespräsident Steinmeier eröffnet Thomas-Mann-Villa
Wolfgang Müller

Im Geburtsmonat des „Zauberers“, vergangene Woche am 18. Juni, übergab Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Thomas Manns Villa in Pacific Palisades ihrer Bestimmung als „transatlantische Begegnungsstätte“ und „Domizil für Stipendiaten“. Umgeben war das Staatsoberhaupt dabei von 250 Gästen, „Intellektuellen und Kulturschaffenden“, wie der einstigen 68er-Kommunardin Uschi Obermaier, deren Nähe Steinmeier ja so liebe, wie mediale Hofberichterstatter beflissen protokollierten. 

In Pacific Palisades, einem mondänen Vorort von Los Angeles, in Sichtweite des Ozeans, hatte der 1933 emigrierte Schriftsteller sich 1942 ein Haus gebaut. Dort entstanden der letzte Teil der Joseph-Tetralogie, der „Doktor Faustus“, auch die über den Äther ins Reich geschickten, den „kommenden Sieg der Demokratie“ beschwörenden Propaganda-Reden für Hörer in Deutschland.

Verscheucht durch das totalitäre Klima der McCarthy-Ära, verließ Thomas Mann sein Haus am San Remo Drive 1952 und siedelte für die letzten drei Lebensjahre in die Schweiz über. Die zurückgelassene Luxusimmobilie, benagt vom Zahn der Zeit, kam 2015 für 12,5 Millionen Dollar auf den Markt. Es ist auch dem damaligen Außenminister Steinmeier zu verdanken, daß die Bundesregierung diesen deutschen Erinnerungsort bewahrte, das Haus 2016 erwarb und renovierte, um es künftig als Repräsentanz ihrer Kulturpolitik in den USA zu nutzen.

Steinmeiers Redenschreiber gaben ihrem Chef reichlich Stoff für die bei solchen Gelegenheiten mit Penetranz vorgetragenen Litaneien der Weltoffenheit. Kumulierend in postfaktischer Vereinnahmung eines Geistesaristokraten, der gegen sein Lebensende sicher war, die nationalkonservative Demokratiekritik der „Betrachtungen eines Unpolitischen“ (1918) werde spätere „politische Gutmütigkeiten“ überdauern: „Wohin er aufgebrochen ist, dort ist Deutschland endlich angekommen“, jubiliert stattdessen Steinmeier. „Und ich füge hinzu: Das verdankte er und das verdanken wir vor allen anderen diesem Land, Amerika!“

Amerika ist hier jedoch weniger Chiffre der Demokratie als Synonym der multikulturellen Einwanderungsgesellschaft, gemäß der „Heimat Babylon“-Ideologie der Bundesrepublik. Das deutsche Volk, das den Spaß in Los Angeles samt Dienstreise Steinmeiers und Bewirtung seiner Kulturschickeria zahlt, steht dabei nur im Wege. Denn brav das den Souverän des Grundgesetzes als „völkisch“ denunzierende  NPD-Urteil des Bundesverfassungsgerichts nachplappernd, dekretiert der aufs Wohl des deutschen Volkes vereidigte Präsident in der einzig bemerkenswerten Passage seiner Rede, daß es in einer „Nation neuen Typs“, dem Vielvölkerstaat aus Migranten, kein Volk als „Volksgemeinschaft“ mehr gebe, sondern nur noch Menschen mit einem „Bekenntnis zur gemeinsamen Verfassung“.