© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/18 / 29. Juni 2018

DVD: Der Einzelgänger
Frieden in der Stadt
Werner Olles

Der psychologische Western spielt in der Stadt, die nicht mehr die ehemalige solidarische Siedlergesellschaft präsentiert, sondern in der inzwischen Korruption, Gesetzlosigkeit und das Recht des Stärkeren herrschen, in der ein Banditen-Clan regiert und sie zu einem Hort des Bösen gemacht hat, vergleichbar der Stadt in den Filmen der „Schwarzen Serie“, die auch auf den Western nicht ohne Einfluß geblieben ist. Viele dieser „Stadt-Western“ bezogen sich, direkt oder indirekt auf die von Fred Zinnemanns Meisterwerk „High Noon“ verkündete Botschaft: Sie war der Ort, an dem sich die Konflikte lösen mußten. 

In Richard Wilsons Western „Der Einzelgänger“ („Man with a Gun“/„Man without a Gun“, USA 1955) ist Robert Mitchum in der Rolle des Clint Tollinger ein ruheloser, harter Mann, der im Jahr 1870 die Probleme einer von Banditen terrorisierten Stadt löst und nebenbei seine Eheschwierigkeiten, indem er sich als Deputy-Sheriff niederläßt. Doch er befreit die Stadt so gründlich vom Laster und von den Banditen, daß er sogar die braven Bürger gegen sich aufbringt, die weder Recht noch Unrecht wollen, sondern den bequemen Kompromiß anstreben.

Robert Mitchum spielt in diesem kühlen, fesselnden Western mit gewohnter Routine und kalkulierter Präsenz diesen undurchsichtigen Einzelgänger und Außenseiter, der der Stadt zu ihrem und sich selbst zu seinem Frieden verhilft. Als Sheriff und Revolvermann ist er gleichzeitig ein faszinierender Charakter und ein kaputter Held, der Western-Mythos um den einsamen Rächer erreicht hier noch einmal mit exakter Menschenzeichnung und intensiv gesteigerter Spannung seinen Höhepunkt, bevor in den 1960er Jahren in den Italo-Western die Protagonisten der Gewalt ihre Art Heroismus in Form von Sadismus und Masochismus mit durchaus erotischen Untertönen praktizierten.

Wilsons „Der Einzelgänger“ ist zwar nicht gerade ein epischer Edelwestern, aber sehr wohl ein gehobenes B-Western-Drama, schön fotografiert (Lee Garmes), dramaturgisch glaubwürdig, geradlinig inszeniert und erfreulich abseits der Genre-Klischees, dazu mit einem überzeugenden und hervorragenden Hauptdarsteller, der selbst zum Mythos und zur Legende wurde.

DVD/Blu-ray: Der Einzelgänger. Koch Media 2018, Laufzeit etwa 80 Minuten