© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/18 / 22. Juni 2018

Frisch gepresst

Emil Ludwig. Wem noch keine Biographie aus der Feder Emil Ludwigs zuteil geworden sei, so witzelte eine den Erfolgsautor mit Häme und Neid verfolgende publizistische Meute, habe für die Weltgeschichte gar nicht existiert. In der Tat schien der Auflagenmillionär nur an „wahrhaft großen Männern“ interessiert: Jesus und Napoleon, Goethe und Bismarck, Stalin und Roosevelt, dem er während seines US-Exils als politischer Berater diente. Anders als Stefan Zweig, in der Zwischenkriegszeit sein schärfster Konkurrent auf dem Markt für Biographien, versank Ludwig nach 1945 jedoch fast schlagartig in Vergessenheit. Nicht zuletzt deshalb, weil die missionarische Werbung für Menschheitsverbrüderung und Weltstaat, die die meisten seiner Werke durchzieht, während des Kalten Krieges nicht mehr dem Zeitgeschmack entsprach. Daher bekam Hans-Jürgen Perrey, holsteinischer Geschichtslehrer und Schriftsteller, in den 1980ern seine ersten Ludwig-Biographien von den Antiquaren fast hinterhergeworfen. Seine frühen Lektürefreuden führten nach dreißg Jahren intensiver Forschung über den „Plutarch der Weimarer Republik“ nun zu einer mustergültig gründlichen, wissenschaftlich soliden und spannend erzählten „Biographie eines Biographen“, den er, wohl ermuntert durch die Konjunktur universalistischer Ideologien, wieder ins „allgemeine Bewußtsein rücken“ möchte. (wm)

Hans-Jürgen Perrey: Emil Ludwig (1881–1948). Dichter – Kämpfer – Menschenfreund. Verlag Steve-Holger Ludwig, Kiel 2017, broschiert, 325 Seiten, 32 Euro





Weltkrieg. Fünf Schulhefte, die Seiten vergilbt und eng in Sütterlin beschrieben. Es sind die Erinnerungen des badischen Landwehrmanns Emil Steinle. Im Zivilleben Landwirt, steht er ab August 1914 im Felde, kämpft zuerst im Elsaß, dann in Flandern und Nordfrankreich, später auf dem Balkan und nimmt auch an der Offensive „Michael“ im Frühjahr 1918 teil. Bei Waffenstillstand ist er in Belgien und tritt den Rückmarsch in die Heimat an, wo er das Feldgrau wieder gegen die Bauernkleider tauscht. Sein Fazit: „Der Krieg ist ein Wahnsinn, und wahnsinnig ist derjenige, der ihn entfacht.“ Knapp hundert Jahre später bieten seine Aufzeichnungen einen authentischen Blick „des kleinen Mannes“ auf das große Sterben im Trommelfeuer und den Grabenkämpfen des Ersten Weltkriegs. (krk)

Jürgen Scheuerer, Markus Kiefer (Hrsg.): 1914/18 badisch direkt. Kriegserinnerungen des Landwehrmannes Emil Steinle. Helios Verlag, Aachen 2017, gebunden, 122 Seiten, Abb., 22,80 Euro