© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/18 / 15. Juni 2018

Ländersache: Schleswig-Holstein
Wasser marsch!
Christian Vollradt

Retten, Löschen, Bergen, Schützen – so lautet der klassische Vierklang der Pflichten für die Feuerwehren. Im hohen Norden wollte man es dabei offenbar nicht belassen, und so schickte der Landesfeuerwehrverband einen Fragebogen an seine Brandbekämpfer. In dieser Mitgliederbefragung sollte zunächst nicht nur die Stimmung in den Wehren, sondern auch die politische Einstellung der Freiwilligen erfaßt werden. 

Mit 21.500 Euro steuerfinanzierten Fördermitteln aus dem Programm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ sponserte der Bund das Projekt. Grundlage des politischen Teils des Fragebogens war die sogenannte „Mitte-Studie“, die seit 2002 alle zwei Jahre von einer Arbeitsgruppe der Universität Leipzig unter Mitwirkung der grünennahen Heinrich-Böll-Stiftung sowie der Rosa-Luxemburg-Stiftung, der parteinahen Stiftung der Linkspartei, herausgegeben wird (JF 26/16). Mehrere Merkmale kennzeichneten laut dieser Erhebung eine rechtsextreme Gesinnung: Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur, Chauvinismus, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus, Sozialdarwinismus und die Verharmlosung des Nationalsozialismus.

Erfragt wird dies beispielsweise mit Sätzen wie: Frauen sollten sich „wieder mehr auf ihre Rolle als Ehefrau und Mutter besinnen“. Oder ob „unter bestimmten Umständen eine Diktatur die bessere Staatsform“ wäre und die Bundesrepublik „durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet“ werde. Auch sollten die Feuerwehr-Mitglieder schließlich bewerten, ob sie der These „Ohne Judenvernichtung würde man Hitler heute als großen Staatsmann sehen“ zustimmen oder nicht. 

Das empfanden zahlreiche ehrenamtliche Brandschützer als „stigmatisierend“, „ehrverletzend“ und „beleidigend“. Einem Bericht der Kieler Nachrichten zufolge sollen sich mehrere Kreiswehrführer geweigert haben, die Fragebögen an die Wehren weiterzugeben. Der nicht ganz fernliegende Verdacht: Weil die Feuerwehren (noch) eher männlich dominiert sind, weil sie als Vereine hierarchisch strukturiert sind, weil es auf Disziplin und körperliche Leistungsbereitschaft ankommt und weil es außerdem auch Uniformen und Ränge gibt, könnten sie anziehend auf „Rechte“ wirken. Genau das Gegenteil sei jedoch die Absicht gewesen, beteuert der verantwortliche Landesbrandmeister Frank Homrich in einer Erklärung. Da man die Wehren des Landes „alltäglich als eine weltoffene und tolerante Gemeinschaft“ erlebe, habe man mit dem erwarteten Ergebnis „Kritikern, die die Feuerwehr mit ihren hierarchischen Strukturen als ‘rechtslastig’ einordnen, gerne eine adäquate Antwort entgegengehalten.“

Doch da Schleswig-Holsteins Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) die Empörung der Feuerwehrleute über die Fragen geteilt und sie ebenso „als Zumutung“ empfunden hatte, mußte der Verband zurückrudern und den strittigen Abschnitt des Fragebogens streichen. Alle „Kameradinnen und Kameraden“, die sich beleidigt gefühlt hätten, bat der Landesbrandmeister „ganz besonders herzlich um Entschuldigung“.

Die Mitte-Studie von 2016 hatte übrigens ergeben, daß nur etwa fünf Prozent der Befragten als rechtsextrem eingestuft werden können; der geringste Wert bislang. Gute Aussichten, daß sich die Feuerwehren wieder dem Retten, Löschen, Bergen, Schützen widmen können.