© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/18 / 08. Juni 2018

Knapp daneben
Falschparker im Visier
Karl Heinzen

Früher galt es als eine Aufgabe des Staates, dafür zu sorgen, daß die Straßenverkehrsordnung eingehalten wird. Auch auf diesem Gebiet scheint er aber unterdessen das Vertrauen der Bürger verloren zu haben. Die Zivilgesellschaft ist daher gezwungen, das Recht selbst in die Hand zu nehmen.

Einen ersten Eindruck, wozu sie imstande ist, vermittelte die Aktionswoche gegen Falschparker, zu der eine „Initiative Clevere Städte“ und der um „nachhaltige Mobilität“ bemühte Verkehrsclub VCD aufgerufen hatten. Gelbe Karten unter dem Scheibenwischer oder Luftballons am Seitenspiegel, mit denen Delinquenten auf ihr asoziales Verhalten hingewiesen wurden, sollten signalisieren, daß trotz aller Empörung über das massenhafte, von den Kommunen hingenommene Unrecht die Bereitschaft zum Dialog nicht gänzlich erloschen ist. Manche Teilnehmer der Aktion wollten mit ihrer Wut aber gar nicht hinter dem Berg halten. Sie verwickelten Falschparker in Streitgespräche, stellten sie online an den Pranger, besprühten ihre Autos mit Sahne oder zeigten sie ganz klassisch, wie es schon unter Hitler üblich war, an.

Vielleicht wären Stadtteilmilizen sinnvoll, die regelwidrig abgestellte Fahrzeuge zu Schrott verwandeln.

Tatsächlich scheinen auch die Initiatoren zunächst weiterhin auf „Law and Order“ zu setzen. Der Geschäftsführer der „Initiative Clevere Städte“, Heinrich Strößenreuther, propagiert unter der Parole „Knolle statt Knöllchen“ eine massive Strafverschärfung: „Erst wenn es im Geldbeutel richtig weh tut, wenn 100 Euro oder mehr drohen, ändert sich das egoistische Verhalten einer Minderheit.“ Was aber, wenn eine Anhebung der Bußgelder nicht abschreckend genug wirkt? Sollte man dann versuchen, Falschparkern Gefängnisstrafen anzudrohen? Oder wäre es sinnvoller, zur Bildung von Stadtteilmilizen aufzurufen, die zu Schrott machen, was regelwidrig abgestellt wurde? Bislang wurden Autos nur angezündet, um politischen oder sozialen Protest zum Ausdruck zu bringen. Falschparker ließen sich noch einfacher ins Visier nehmen. Wer für autofreie Städte streitet, macht sich somit nicht bloß um die Gesundheit der Bürger verdient. Er sorgt auch dafür, daß sie weiterhin in Frieden zusammenleben können.