© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/18 / 01. Juni 2018

Knapp daneben
„Fake News“ dienen der Bildung
Karl Heinzen

Google hat eine harte Nacht“, amüsierte sich Justin Timberlake vor einigen Tagen auf Twitter. Wer seine einstige Boygroup *NSYNC in die Suchmaschine eingab, wurde nämlich durch das Ergebnis überrascht, daß der frühere Basketballstar Shaquille O’Neal die Bariton-Stimme dieser Retortenband gewesen sein soll. Warum Google ihn anstelle von Joey Fatone nannte, ist nicht bekannt. Der Fehler wurde nach einiger Zeit korrigiert. Die Weltöffentlichkeit hat kurz aufgelacht. Im Herzen ist sie jedoch zutiefst irritiert. Man mag die Konzernmacht des Molochs Google kritisieren, seine technologische Kompetenz ist aber unbestritten. Algorithmen lügen nicht, so glaubte man bislang. Dieses Grundvertrauen ist nun erschüttert. Vielleicht ist der Hintergrund ganz harmlos. Vielleicht haben sich die Rechteinhaber der „Musik“ von *NSYNC gesagt: Niemand hört noch diesen Mist, wir müssen einen PR-Coup starten, damit wir ins Gespräch kommen, die Radiosender ein paar alte Hits spielen und irgendwelche sentimentalen Deppen das Zeug auf ihre Smartphones herunterladen. Und dann haben sie etwas Geld in die Hand genommen und Google davon überzeugt, mitzuspielen.

Würde man Wikipedia und Co. den Garaus machen, wären Schüler gezwungen, sich selbst zu informieren.

Vielleicht sind aber auch Bildungs­trolle am Werk gewesen, die im Namen der Wissensgesellschaft den Kampf gegen das Internet aufgenommen haben. Schüler und Studenten machen sich heute das Leben leicht. Sie setzen sich nicht mit Themen auseinander, sondern klauben im Netz zusammen, was sie finden und kompilieren dies zu einer Haus-, Fach- oder Examensarbeit. 

Das Risiko, damit allzu peinliche Fehler zu übernehmen, schätzen sie als gering ein. Dies dürfte sich ändern, würde man endlich im großen Stil Falschinformationen nicht bloß zur Tagespolitik, sondern zu allem möglichen, nicht zuletzt auch zu Schul- und Unistoff im Internet lancieren. Jugendliche wären plötzlich gezwungen, sich selbst Wissen anzueignen, um zu beurteilen, was richtig und was falsch ist. Wer das Bildungswesen verbessern will, sollte daher den Blick erst einmal von Schulen und Universitäten abwenden. Zunächst gilt es, Wikipedia und Co. den Garaus zu machen.