© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/18 / 01. Juni 2018

Zeitschriftenkritik: Krautzone
Libertarismus für Junge
Lukas Steinwandter

Im Internetzeitalter ein gedrucktes Magazin zu gründen ist mutig. Fast schon tollkühn ist es, ein libertäres Printmagazin zu lancieren. Genau das aber haben Florian Müller (Jg. 1991) und Hannes Plenge (Jg. 1986) mit Krautzone getan. Das Logo und Maskottchen namens „Oberst Krauti“ verheißt Spannendes – und sorgt für Stirnrunzeln: Eine in Gelb-Schwarz gehaltene Säule mit Schnauzer, Pickelhaube, Reichsbanner samt Doppeladler, Schwert und eine zubeißende Klapperschlange – eine Anlehnung an die Gadsden flag, die heute vor allem in libertären und anarchokapitalistischen Kreisen verwendet wird. Viel Symbolik also mit teils widersprüchlicher Aussagekraft, gelten Preußen und sein Militarismus Libertären doch als verhaßter etatistischer Leviathan. Krautzone, sagt Müller, sei ein „libertär-konservatives Magazin“, dessen Ziel es sei, ebendiese Ideen auch jungen Menschen näherzubringen. Die Macher geben sich selbstbewußt, wenn sie von sich sagen, sie seien ein Team „überambitionierter, blendend aussehender, junger Kerlchen, manchmal sehr dumm, manchmal sehr schlau“, das Deutschland liebt, aber schwere Arbeit scheut. Diese Lockerheit, die manch stramm konservative Zeitschrift vermissen läßt, kommt auch in der aktuellen, vierten Ausgabe der Zweimonatsschrift zur Geltung, wobei das Titelthema eigentlich ein ernstes ist: „Endlich auswandern?!“

Der Gedanke beschäftigt Libertäre seit Jahren, vor allem aber seit der Grenzöffnung 2015. Neben den bekannten Gründen wie absurd hoher Steuer- und Abgabenlast, Meinungsbeschränkung, EU-Wahn oder unkontrollierter Einwanderung schafft es Plenge in seinem Leitartikel auch, den konservativen Leser anzusprechen, wenn er fragt, was Deutschland heute noch unverwechselbar oder kulturell eigenständig mache. „Hat unsere liebe Frau Özoguz (frühere Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Anm. JF) nicht sogar ein kleines bißchen recht, wenn sie den Deutschen ihre kulturelle Identität abspricht? Was macht die deutsche Kultur denn heute noch aus, außer ein paar verschiedener Brotsorten, dem Dönerladen um die Ecke und etwas Goethe- und Bachfolklore?“ Sein Resümee: Das Deutschland, für das es sich zu kämpfen lohne, gebe es schon längst nicht mehr. Der Ernst ist ein paar Seiten später wieder vergessen. Kanzlerin Angela Merkel erläutert im Satire-Interview, warum sie nach Paraguay auswandern will und das Land sie mit Kußhänden aufnehmen wird. Auch junge Libertäre beschäftigen sich mit Wirtschaft und kommen mit der Rubrik „Investieren für Dummies“ nicht zu kurz. Mit der „Kirchenglocke“ und dem „Kraz-Gespräch“ gibt es Platz für junge Christen und Interviews. Wie bei den meisten neuen Magazinen mit kleinem Budget bildet die optische Gestaltung den größten Schwachpunkt. Auf dem Weg zu „Deutschlands Meinungsmacher Nummer 1“, wie ein Redakteur das ambitionierte Ziel setzt, wird den konservativen Jung-Libertären sicherlich etwas einfallen – sofern es der Markt hergibt.

Kontakt: Blutdruck-Verlag, Leopoldstr. 2-8, 32051 Herford. Das Einzelheft kostet 4,90 Euro, ein Jahresabo für sechs Hefte 29,90 Euro.

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