© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/18 / 25. Mai 2018

Grüße aus Santiago de Cuba
Díaz-Canel. Wer ist das?
Alessandra Gracia

Es sei das erste Mal, daß er Kuba besuche und es werde nicht von einem Castro regiert. Der witzig gemeinte Satz des in einer Pension in unserer Straße untergekommenen Italieners bringt meinen Nachbarn, den Blockwart, sofort auf hunderachtzig. Was der Yuma damit ausdrücken wolle?

„Soy Fidel“, knurrt der Presidente und deutet auf die Hauswand, an der noch immer, wenn auch etwas verblaßt, eine Losung des Ende 2016 verstorbenen Revolutionsführers Fidel Castros steht.

Auch wenn der Rückzug von dessen Bruder ein einschneidender Generationswechsel sei, der neue Präsident werde den sozialistischen Weg weiter beschreiten, wird der Italiener belehrt. Es werde Kontinuität geben und keine Brüche. Das Volk stehe wie ein Mann hinter Miguel Díaz-Canel.

„Wer ist das?“, mischt sich die 90jährige Maria von gegenüber in das Gespräch. „Das ist unser neuer Präsident, der Nachfolger von Raul Castro“, sagt der CDR-Präsident (Komitee zur Verteidigung der Revolution) der alten Dame und zeigt ein Foto aus der Tageszeitung.

Die Yankees haben einen Grund weniger, ihre Wirtschaftsblockade aufrechtzuerhalten.

Die schüttelt den Kopf. Der sei doch viel zu jung, keine 60 Jahre alt, der habe doch keine Ahnung. Deswegen bleibe ja Raúl auch die nächsten Jahre Vorsitzender der Kommunistischen Partei und Oberkommandierender der Streitkräfte. „Dann bleibt ja alles, wie es ist“, sagt die Alte sichtlich enttäuscht und bekreuzigt sich.

„Nein“, grinst ihr Enkel. Die Yankees hätten damit einen Grund weniger, ihre Wirtschaftsblockade aufrechtzuerhalten. Schließlich stehe in den Klauseln, daß nur mit einem Kuba verhandelt werde, das nicht von einem Castro regiert werde. Der Blockwart blickt böse, seufzt dann und wendet sich an mich: „Warst du schon da?“ Ich nicke. „Da“ ist seit einigen Wochen der neue Pilgerort der Santiagueros, ein frisch saniertes Anwesen im schönen Villenvorort Vista Alegre. Hier steht eines der früheren Wohnhäuser der Eltern der verstorbenen Ehefrau Raúl Castros, Vilma Espín. Hier wird der kleine Bruder des großen Comandante seinen Lebensabend verbringen.

Das finden alle Santiagueros gut, erhoffen sie sich doch von dem Zuzug aus Havanna einen Aufschwung in ihrer Stadt. Tatsächlich hat Raúl nicht nur die Asche seines Bruders in der Metropole der alten Provinz Oriente zur ewigen Ruhe betten lassen, sondern auch ein Wohnungsbauprogramm angeschoben. Überall werden baufällige Häuser abgerissen und neue errichtet.