© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/18 / 18. Mai 2018

Talkshows ohne AfD
Keine Auftritte im April: Die größte Oppositionspartei sieht sich von öffentlich-rechtlichen Sendern ungerecht behandelt
Lukas Steinwandter

Mittwoch, 2. Mai, kurz nach 20 Uhr. Der „Tagesschau“-Gong ertönt. Moderator Jens Riewa begrüßt seine Zuschauer, leitet einen Beitrag über die EU-Finanzplanung ein und berichtet dann über den Etatentwurf, den Bundesfinanzminister Olaf Scholz dem Kabinett vorgelegt hat. Auch Oppositionspolitiker kommen zu Wort. FDP-Fraktionschef Christian Lindner und seine Amtskollegin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) dürfen ihre Kritik vor der Kamera äußern. Auch die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Gesine Lötzsch, wird eingeblendet. Politiker einer Oppositionspartei sind in dem Bericht aber nicht zu sehen, nämlich die der AfD – immerhin die größte Oppositionspartei im Bundestag. Auf Nachfrage der JUNGEN FREIHEIT begründet dies ein Sprecher des für die Nachrichtensendung verantwortlichen NDR: Die „Tagesschau“ bemühe sich, „die Breite des politischen Spektrums angemessen abzubilden. Das bedeutet nicht, daß in jedem Beitrag und jedem Artikel alle im Parlament vertretenen Parteien zu Wort kommen – dies wäre schon aus Längengründen kaum möglich.“

Die AfD sieht sich ungerecht behandelt. Einen Tag vor der Ausstrahlung des „Tagesschau“-Beitrags veröffentlichte Parteichef Jörg Meuthen eine Facebook-Grafik, in der zu lesen ist: „Talkshow-Bilanz April: 29 Politiker der Kartellparteien – 0 Politiker unserer Bürgerpartei“. In einer entsprechenden Statistik zu den Sendungen „hart aber fair“, „Anne Will“, „Maischberger“ und „Maybrit Illner“ sind alle Gäste aufgelistet, die Bundestagsparteien angehören. Auffallend ist: Nach Unions-Politikern sind Vertreter der SPD und der Grünen – der kleinsten im Parlament vertretenen Partei – prozentual gleichauf am häufigsten zu Gast. 

Am Montag veröffentlichte Meuthen einen weiteren Facebook-Beitrag. Diesmal mit einer Statistik über die „Tagesschau“, die zuerst auf dem Blog „Achse des Guten“ erschienen war. Demnach kamen in den Ausgaben vom 25. März bis 25. April 18mal Vertreter der Linkspartei zu Wort, gefolgt von Grünen (neun) und FDP (sieben). Die AfD bildet das Schlußlicht mit fünf Statements. „Journalisten insinuieren häufig, daß es der AfD nicht um Sachpolitik gehen würde. In Wirklichkeit verhält es sich so, daß sich viele Journalisten nicht für die von der AfD betriebene Sachpolitik interessieren“, sagt Meuthen der JF. Statt dessen würden sie sich auf das boulevardeske Geschehen in der Partei konzentrieren, wodurch bei den Bürgern ein Zerrbild entstehe. 

An Eigenverschulden glaubt Meuthen jedenfalls nicht. Seine Partei äußere sich zeitnah zu wichtigen Themen und sei in sozialen Medien sehr aktiv. Zumindest er pflege ein „entspanntes Verhältnis zu etlichen Journalisten der öffentlich-rechtlichen Sender“. Seinen letzten Auftritt habe er jedoch am 1. Juni 2016 gehabt.