© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/18 / 18. Mai 2018

„Lippenbekenntnisse reichen nicht mehr aus“
Frankreich: Nach einer neuen islamistischen Terrortat und angesichts von 246 Anschlagsopfern zeigt sich das Land bestürzt
Friedrich-Thorsten Müller

Nur sieben Wochen nach der islamistisch motivierten Geiselnahme von Trèbes mit drei Toten wurde Frankreich am vergangenen Samstag erneut von einem islamistischen Anschlag erschüttert. Ein als islamistischer Gefährder bekannter 20jähriger französischer Staatsbürger tschetschenischer Herkunft griff gegen 20.40  Uhrim Zentrum von Paris mehrere Passanten mit einem Messer an. 

Nach Angaben von Zeugen rief er dabei „Allah ist groß“. Ein 29jähriger Mann wurde bei dem Angriff getötet. Vier weitere Personen, darunter ein chinesischer Tourist, wurden zum Teil schwer verletzt. Das Opfer ist damit der 246. Tote durch islamistische Anschläge auf französischem Boden seit 2015.

Eine zufällig in der Nähe befindliche Polizeipatrouille erschoß den Angreifer, nachdem der Versuch, ihn mit einem Elektroschocker kampfunfähig zu machen, ohne Erfolg blieb. 

300 Prominente fordern Änderungen im Koran  

Bereits am Sonntag veröffentlichte der Islamische Staat via Internet ein Video mit dem Bekenntnis des in Straßburg aufgewachsenen und mit 13 Jahren eingebürgerten Khamzat A. zum IS. Der Anschlag solle als Protest gegen die Teilnahme Frankreichs an Militäroperationen im Irak und Syrien gegen den Islamischen Staat verstanden werden.

 Ebenfalls noch am Wochenende wurden in Paris die Eltern des Attentäters und in Straßburg einer seiner Freunde in Untersuchungshaft genommen, wobei es auch zu Hausdurchsuchungen kam. Bereits 2016 wurde Khamzat A. von Anti-Terror-Einheiten vernommen, da er zum Umfeld eines nach Syrien ausgereisten Islamisten gezählt wurde.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der zur Zeit des Anschlags im Urlaub weilte, zeigte sich in einer Stellungnahme bestürzt: „Frankreich hat wieder einmal den Blutpreis bezahlt, wird aber nicht einen Zentimeter vor den Feinden der Freiheit zurückweichen.“ 

Marine Le Pen, die Vorsitzende des Front National, erklärte dagegen den Sicherheitskräften ihre volle Unterstützung und bekundete, daß „dem französischen Volk Lippenbekenntnisse nicht mehr ausreichen würden und es endlich Taten sehen möchte“.

Erst Ende April hatten 300 französische Prominente, darunter der frühere französische Präsident Nicolas Sarkozy, die Muslime in Frankreich in einer in der Zeitung Le Parisien veröffentlichten Erklärung aufgefordert, Verse mit Tötungsbefehlen und Gewaltaufrufen aus dem Koran zu streichen.