© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/18 / 11. Mai 2018

Günstige Umstände für zweiten Anlauf zum IS-Kalifat
Wiederaufstieg unter neuem Emblem
(ob)

Mit seinen Büchern über „Die schwarze Macht“ (JF 33/15) und „Mein Leben im Kalifat“ (2017) hat sich der Journalist Christoph Reuter als intimer Kenner des „Islamischen Staates“ (IS) profiliert. Der sei nach seiner militärischen Liquidierung im vergangenen Jahr zumindest als totalitäre Herrschaft über irakische und syrische Städte und Räume, Grenzen und Fahnen, nunmehr Geschichte, ist sich der Spiegel-Korrespondent gewiß (Internationale Politik, 1–2/2018). Doch über das Schüren des Streits zwischen Sunniten und Schiiten sei der IS seinem langfristigen Ziel „einen großen Schritt vorangekommen“. Die USA hätten daher nur ein Symptom besiegt, die Umstände aber ignoriert, die den kurzzeitigen Aufstieg des IS begünstigten. Sofern nur genügend Führungskader überlebt haben, stehe daher einem Wiederaufstieg unter verändertem Emblem und weniger totalitärer ideologischer Ausrichtung kaum etwas im Wege. Im Gegenteil: Die heutigen Verhältnisse, die unveränderte Kriegs- und Krisenlage im Nahen Osten, die wachsende Kluft zwischen den großen islamischen Glaubensfraktionen, die Entrechtung und Vertreibung der Sunniten im Zentralirak, die weiter verhärtete Front zwischen Kurden und Arabern sowie Washingtons planlose Politik „als Wille ohne Vorstellung“ laden zu einem Neustart des IS-Kalifats geradezu ein. 


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