© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/18 / 11. Mai 2018

Deutschland und die EU im amerikanischen Sanktionskrieg
Mitten in Trumps Feuerlinie
Albrecht Rothacher

Das Regelwerk der Welthandelsorganisation – von China und Rußland längst souverän ignoriert – zählt auch für die USA nicht länger. Es gilt das Faustrecht des Stärkeren. Nach den Strafzöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte bauen die Amerikaner weitere Drohkulissen auf (JF 19/18). China soll den Zwang zu Gemeinschaftsfirmen und Technologietransfers, seinen hohen Importschutz und den subventionierten Ankauf strategischer Unternehmen und Infrastrukturen im Ausland aufgeben.

Dazu ist Peking nicht bereit und droht mit Gegenzöllen auf US-Agrar-, Auto- und Flugzeugimporte. Auch Rußland kündigt Kontersanktionen an. Kollateralschäden der Dispute sind für die EU-Wirtschaft gewiß: umgeleitete chinesische Billigstahl-Importe, ausgebremste China- und Rußlandexporte oder Versorgungsturbulenzen bei Aluminium. Beim Versuch der Schadensbegrenzung charmierte Emmanuel Macron den unberechenbaren Donald Trump in Washington. Angela Merkel bemühte sich gleichfalls – vorhersehbar ohne jeden Erfolg. Weil die Chemie nicht stimmt und weil sie nach Berlin zurückgekehrt ihr Versprechen eines höheren deutscher Wehretas gleich wieder brach. So liegt es an der EU-Kommissarin Cecilia Malmström, den amerikanischen Handelskriegern den Schneid abzukaufen.

Entweder straft Trump im Juni die EU bei Stahl- und Aluminiumimporten wie die Asiaten ab und eröffnet so mit den angekündigten EU-Gegenzöllen auf Orangensaft, Jeans, Whiskey, Harley-Davidsons und US-Eisen und -Stahl seine dritte Handelskriegsfront, auf die viele in der US-Agrarindustrie keinen Appetit mehr haben – oder beide einigen sich auf gegenseitige Zollsenkungen bei Industrieprodukten. Ein Ergebnis, das als Lichtblick der Vernunft die wichtige deutsche Exportindustrie aus der Feuerlinie Trumpscher Vergeltungsschläge nähme. Denn aus dem nicht nur in Washington gründlich diskreditierten Berlin kann sie keinerlei politischen Schutz mehr erwarten.