© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/18 / 11. Mai 2018

Grüße aus Moskau
Hidden Champions
Thomas Fasbender

Keine Lust auf Zukunft? Wer Rußland nur in schwarzen Farben malt, wird der Wahrheit auch nicht gerecht. Die weiße Seite der Medaille konnte man auch jüngst anläßlich der Hannover-Messe besichtigen. Die Gas- und Maschinenbau-Dinosaurier waren zu Hause geblieben; an der Leine präsent war stattdessen die junge russische Startup- und Hightech-Elite. Auch in Rußland gibt es „hidden Champions“. Der Enthusiasmus ist unübersehbar.

Erst recht, wenn die russische Freude am Kampfsport zum Firmenzweck wird. So beim Smolensker Unternehmen Laserwar, einem  Ausrüster für das Lasertag-Spiel. Über tausend Lasertag-Clubs weltweit verwenden die Waffen aus Smolensk bei ihren mit Paintball oder Airsoft vergleichbaren Kriegsspielen. In der Tat: Schäfte und Läufe der Waffen sind identisch mit den echten Vorbildern. So verkauft Laserwar Maschinenpistolen von Heckler & Koch mit originalem Firmenaufdruck, umgerüstet auf Lasertag-Technologie.

Tafeln und Tische mit interaktiven Monitoren, für den Einsatz von der Kita bis zur Universität.

Gut ein Dutzend martialisch aussehender Kriegswaffen hat Laserwar zum Messestand gebracht. Eine junge Russin im Tarnfleck-T-Shirt und mit Lasertag-Weste spielt das Opfer. Erschieß mich, ruft sie lachend und bietet sich als Zielscheibe an. Der Autor, als Jäger gewohnt, auf Tiere zu schießen, kann es nicht. Tötungshemmung.

Ein Moskauer Unternehmen, Applied Technologies Company, arbeitet an Energieerzeugung aus Wellenkraft. Zylindrische Metallkörper schwimmen senkrecht im Wasser; das Wirken der Schwerkraft beim Auf und Ab im Wellenstrom wird in Strom umgewandelt. Zu Netzwerken verknüpft sollen die ATC-Meereskraftwerke die Leistung von Offshore-Windparks erreichen. So werden bereits Wirkungsgrade von 54 Prozent erzielt. Ein weiterer Vorteil: In Zeiten des Stromüberschusses kann mit Hilfe der gleichen Technologie Wasserstoff, etwa zum Betrieb von Brennstoffzellen, gewonnen werden.

Großartig ist auch der Eindruck vom Unternehmen Nextouch, das interaktive Systeme produziert, bei denen ein Touchscreen-Monitor im Mittelpunkt steht. Über die Hälfte des Geschäfts wird im Bildungssektor gemacht, mit Tafeln und Tischen mit interaktiven Monitoren, für den Einsatz von der Kita bis zur Universität und bis zur Größe eines Monster-TV. Auch das gehört zur Realität: Während Deutschland sich mal wieder an der Digitalisierungsoffensive versucht, existieren in Rußland Schulen, von deren IT-Ausstattung hierzulande nur geträumt werden kann.