© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/18 / 11. Mai 2018

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Das bißchen Haushalt ...
Paul Rosen

Eine Zeit ohne gültigen Staatshaushalt ist für Steuerzahler eine feine Sache: Politiker können keine neuen Wohltaten an alle Welt verteilen, für die die Bürger dann höhere Steuern leisten müssen. Daß das Haushaltssystem trotzdem nicht zusammenbricht oder wie in den USA Beamte nach Hause geschickt werden müssen, liegt an einer deutschen Besonderheit: Konnte ein Bundeshaushalt wie der für das Jahr 2018 im Vorjahr wegen der Bundestagswahl nicht mehr rechtzeitig beschlossen werden, gilt das Prinzip der Zwölftelung. Das heißt, daß 2018 der Vorjahresetat faktisch weiter gilt und die Regierung jeden Monat ein Zwölftel der Jahresposition eines Etatpostens ausgeben darf.

Dieses Haushalts-Interregnum neigt sich dem Ende entgegen. In der am 14. Mai beginnenden Sitzungswoche des Bundestages wird Finanzminister Olaf Scholz (SPD) seinen ersten Haushaltsentwurf einbringen, der aber noch im esentlichen auf den von seinem Vorgänger Wolfgang Schäuble (CDU) aufgestellten und nicht zu Ende beratenen Haushaltsplan zurückgeht. Der Haushaltsplan sieht Ausgaben in Höhe von 341 Milliarden Euro vor, 2017 waren es noch 330,7 Milliarden. Eine Nettokreditaufnahme ist nicht vorgesehen. Alles „finanzieren wir solide und ohne neuen Schulden“, jubelt Scholz über seinen Entwurf, der allerdings aus ganz anderen Grünen so gut aussieht: So spart Scholz Milliarden-Zinszahlungen für die Staatsschulden durch die Nullzinspolitik der EZB. Inflationär bedingte Steuereinnahmen verbessern zudem die Lage der Staatskasse. 

Scholz wird seinen „soliden, sozial gerechten und zukunftsorientierten“ Haushaltsentwurf für 2018 am Dienstag mit einer Rede ins Parlament einbringen. Einen Tag später wird es dann spannend: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in der „Generalaussprache“ zu ihrer Politik Stellung zu beziehen und muß sich im Rededuell erstmals mit einem Vertreter des Oppositionsführers AfD zum Haushalt auseinandersetzen.  

An den weiteren Debattentagen geht es um die verschiedenen Einzelpläne. Nach der Generalaussprache kommt der Außenamtsetat dran, und so geht das durch die Ressorts, bis am Freitag vor der „Schlußrunde“ der Einzelplan von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) aufgerufen wird. Dann wird der Gesamtetat zur weiteren Beratung an den Haushaltsausschuß überwiesen, wo die einzelnen Posten in wochenlangen Sitzungen beraten werden. 

Bis zur ersten Juliwoche wollen die Haushaltspolitiker fertig sein. Ihre letzte, meist bis in die Nacht dauernde „Bereinigungssitzung“ wird für die Steuerzahler traditionell teuer: Dann werden die Zuschüsse an die Bundestagsfraktionen und Parteistiftungen sozusagen über Nacht erhöht. Danach wird der Haushalt im Bundestag wieder, wie bei der Einbringung, mehrere Tage lang beraten und schließlich über ihn abgestimmt. 

Wenn die Abgeordneten aus ihrer neunwöchigen Sommerpause zurückkehren werden, ist erneut Haushalt angesagt: Ab dem 10. September soll der Haushaltsentwurf für 2019 beraten werden. Abgestimmt werden soll über diesen dann am 23. November.