© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/18 / 27. April 2018

GegenAufklärung
Kolumne
Karlheinz Weißmann

Nach einer neuen Untersuchung zur Lebenssituation der Bevölkerung in Paris und Umgebung wurden 48 Prozent der Einwohner während der letzten drei Jahre Opfer eines Diebstahls oder Einbruchs. Die Zahl ist insofern aufschlußreich, als in der Region lediglich 20 Prozent der Einwohner leben, dort aber 55 Prozent der Verbrechen geschehen. Nach einer Umfrage des Radiosenders France Info fühlen sich 51 Prozent der Befragten in ihrer Sicherheit grundsätzlich bedroht, vor allem bei Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel. Mehr als 60 Prozent fürchten, Opfer eines Anschlags zu werden. Sogenannte „Haßverbrechen“ stellen in der Kriminalstatistik keinen Faktor dar: Ihre Zahl beträgt 0,03 Prozent aller Delikte und ist innerhalb eines Jahres um 44 Prozent zurückgegangen.

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Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung hat im Rahmen ihrer Bemühungen zur Verklärung von ’68 Anne Ameri-Siemens das Wort erteilt. Frau Siemens, einst Redakteurin beim Magazin jetzt der Süddeutschen Zeitung, möchte vor allem die Verdienste der Achtundsechziger im Kampf gegen die „Gefahr einer zunehmenden ‘Renazifizierung’“ gewürdigt wissen und scheint erkennbar empört über den Mangel an Bußbereitschaft bei Pg. Kiesinger und dem damals gerne als „KZ-Baumeister“ bezeichneten Bundespräsidenten Lübke. Das alles könnte man mit einem Achselzucken quittieren, wäre da nicht die Invektive gegen den Theologen Helmut Thielicke, dessen Vorlesungen und Gottesdienste von linken Randalierern gestört wurden, die verlangten, er solle sich zu seiner SA-Vergangenheit äußern. Die bestand pro forma und als eine Art Deckung, was angesichts der Aktivität von Thielicke in der Bekennenden Kirche, seiner 1940 erfolgten Absetzung als Professor für Systematische Theologie, der Repressalien durch die Gestapo, der Lehr- und Predigtverbote und der Verbindung zum Freiburger Kreis des Widerstandes hinreichend deutlich sein müßte und auch ’68 schon hinreichend deutlich war. Was die Achtundsechziger gegen Thielicke aufbrachte, hatte denn auch nichts mit den biographischen Fakten zu tun, sondern – wie immer – mit ihrem Ressentiment gegen einen Mann, der sich von ihnen nicht einschüchtern ließ und sie intellektuell und moralisch haushoch überragte, und es hatte zu tun mit einem angemaßten Rügerecht, das sich im Zweifel immer damit behalf, unliebsame Zeitgenossen einzubräunen.

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Orbán I: Wovon man in der deutschen Berichterstattung nichts vernahm, war, daß Orbán seine Rede vor Anhängern nach der gewonnenen Wahl mit den Worten schloß „Soli Deo gloria“ – „Allein Gott die Ehre“.

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Ein Bekannter schickte das Foto eines kleinen Aufklebers, den er unter einer Hamburger Eisenbahnbrücke gesehen hatte: „‘Was aber tut das deutsche Volk? Es sieht nicht und es hört nicht. Blindlings folgt es seinen Verführern ins Verderben.’ Im V. Flugblatt der Weißen Rose (1942)“

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Orbán II: „Brüssel verteidigt Europa nicht, weil Brüssel die Einwanderung zu unterstützen und zu organisieren wünscht. Brüssel will die Bevölkerung Europas ausdünnen und austauschen, indem es unsere Kultur, unsere Lebensweise und alles, was die Europäer von den übrigen Völkern der Welt unterscheidet, opfert. (…) Die Nationen und die Völker des westlichen Europa verlieren Stück für Stück, Schritt für Schritt, ihre Viertel und ihre Städte. Es ist ein Faktum, daß diejenigen, die die Einwanderung nicht an ihren Grenzen aufhalten, verloren sind. Sie werden aufgesogen, langsam, aber sicher (…) Die jungen Europäer kennen den Tag, an dem sie eine Minderheit in ihrem eigenen Land sein werden und den einzigen Platz verlieren, an dem sie zu Hause sind“. (Offener Brief an die Westeuropäer)


Die nächste „Gegenaufklärung“ des Historikers Karlheinz Weißmann erscheint am 11. Mai in der JF-Ausgabe 20/18.