© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/18 / 27. April 2018

Nicole Höchst stellt richtige Fragen auf ungeschickte Weise: Fertig ist der nächste „AfD-Eklat“
Im Fettnapf
Christian Schreiber

Schon wieder Nicole Höchst“, stöhnte vergangene Woche die taz. Gemeinsam mit Kollegen hat die AfD-Bundestagsabgeordnete eine parlamentarische Anfrage gestellt, in der sie von der Regierung wissen will, wie sich die Zahl der Behinderten in Deutschland seit 2012 entwickelt hat. Und zwar insbesondere „durch Heirat innerhalb Familien“ und wie viele dieser Fälle „Migrationshintergrund“ haben.

Entsetzte, ja hysterische Reaktionen sind die Folge. Ein Bündnis für Zivilcourage stellte Strafanzeige wegen Volksverhetzung, und 18 Sozialverbände, darunter Paritätischer Wohlfahrtsverband und Caritas, schalteten in der Frankfurter Allgemeinen vom Sonntag eine großformatige Anzeige. Dort heißt es, vordergründig erkundige Höchst sich zwar nur nach Zahlen, dennoch aber „sugerriere“ sie so „in bösartiger Weise einen abwegigen Zusammenhang von Inzucht, behinderten Kindern und Migranten“. 

Dabei hat die ehemalige Regierungsschuldirektorin beim Pädagogischen Landesinstitut in Speyer eine seriöse Biographie vorzuweisen. Geboren 1970 im saarländischen Homburg, lebt sie im benachbarten Rheinland-Pfalz. Dort schaffte sie es nach ihrem Parteieintritt 2013 am Abend der Bundestagswahl in den Reichstag. Als die Pädagogin und alleinerziehende Mutter von vier Kindern dann als Vertreterin ihrer Fraktion ins Kuratorium der Magnus-Hirschfeld-Bundesstiftung entsandt wurde, die nach eigener Darstellung „die Akzeptanz von homo-, bi- und transsexuellen Lebensweisen fördert“, tobte etwa der Berliner Tagesspiegel: „AfD schickt Hardlinerin in Homo-Gremium!“ Zuvor hatte Höchst in einer Bundestagsdebatte über die Erhöhung des Kindergeldes die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare als „Befriedigung von Kleinstinteressengruppen“ bezeichnet. Seitdem rechnen sie einige Medien dem rechtsnationalen Flügel der Partei zu, sie selbst lokalisiert sich dagegen in deren Mitte. 

Ihre FAS-Anzeige – über die inzwischen fast alle Medien berichten – beschließen die Sozialverbände mit dem Fazit, Höchsts Anfrage erinnere an „die dunkelsten Zeiten der deutschen Geschichte“, in der Behinderten „das Lebensrecht aberkannt wurde“ und die offenbar auf eine „Abwertung von Menschen mit Behinderung“ und „eine Ideologie der Ungleichwertigkeit menschlichen Lebens“ hinauslaufe. Das nennt die Politikerin auf Nachfrage der JUNGEN FREIHEIT „absurd“, was angesichts des Umstandes, daß sie selbst Mutter eines behinderten Kindes ist, nicht unplausibel erscheint. 

Zudem verweist sie auf Berichte in FAZ, Welt und sogar taz, die über den Zusammenhang von Verwandtenheirat in eingewanderten Kulturen und schweren Behinderungen hierzulande berichten. Angesichts dessen betonte Höchst mit Blick auf ihre Kritiker gegenüber der JF, daß „die Aufklärung über Risiken wie Totgeburten oder Behinderungen nicht in ideologischer Ignoranz enden darf“.