© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/18 / 20. April 2018

Toni Iwobi. Erstmals sitzt ein Afrikaner im italienischen Senat – für die Lega Nord
Das schwarze Schaf
Marco F. Hermann

Je mehr angebliche Flüchtlinge landen, desto größer wird das Chaos in Italien und desto größer wird die Gefahr von rassistischem Verhalten.“ Als fremdenfeindliches Geschwätz, wie es üblicherweise aus den Reihen der rechten Lega Nord töne, würden die italienischen Leitmedien wohl auch diesen Satz kommentieren. Doch stammen die Worte von Toni ChiKe Iwobi, der afrikanischer Herkunft ist. Zudem ist Iwobi nicht irgendwer, sondern der erste Schwarze im „Senato della Repubblica“, der zweiten Kammer des italienischen Parlaments, die von den Regionen beschickt wird. Und wem verdankt das Land diesen Politiker? Der gern als fremdenfeindlich bezeichneten Lega Nord. Die Geschichte des frischgebackenen 62jährigen Senators hat national wie international für Aufmerksamkeit gesorgt. 

In der nigerianischen Großstadt Gusau kam Iwobi 1955 als fünftes von elf Kindern einer katholischen Familie zur Welt. Erst in den USA, dann in Italien studierte er Wirtschaftswissenschaften, um dann in Spirano bei Bergamo eine IT-Firma zu gründen und eine Italienerin zu heiraten. Der Lega trat der Diplom-Betriebswirt 1993 bei, als diese einen ersten politischen Zenit erreichte. Es war der Föderalismusgedanke der Partei, der Iwobi anzog und von dem er sich die Entschlackung des bürokratischen Zentralstaats erhoffte. Zwei Jahre später wurde er Gemeinderat, schließlich beförderte ihn Lega-Chef Matteo Salvini zum Sprecher der Partei für Migrations- und Sicherheitsfragen. Bei der Parlamentswahl im Februar holte Iwobi dann annähernd fünfzig Prozent der Stimmen in seiner Heimatregion. Es ist eine Musterbiographie – die sonst nur der amerikanische Traum kennt.

Für ihn ist klar: Wer sich anpaßt, Kultur und Sprache annimmt und sich für sein neues Vaterland engagiert, der soll bleiben dürfen. Allerdings alles ganz legal, denn „solange es Staatsgrenzen gibt, ist illegale Einwanderung eine Straftat“, so Iwobi. Der Mann, der sich selbst scherzhaft als „schwarzes Schaf“ der Lega bezeichnet, fordert zudem Einbürgerungstests und eine Aufkündigung des Abkommens mit der EU, das Italien verpflichtet, Einwanderer bis zur Beendigung ihres Asylverfahrens zu beherbergen.

Die linksliberalen Medien in Italien (wie in Deutschland) haben daher ihre Probleme mit dem Afrikaner, der italienischer ist als mancher Italiener. Genüßlich zitieren sie daher mitunter den schwarzen Fußballspieler Mario Balotelli: „Ich bin vielleicht blind. Oder vielleicht haben sie ihm nie vorgehalten, daß er schwarz ist. Aber es ist eine Schande!“ Meint: Der naive Iwobi diene der Lega Nord nur als ein Feigenblatt. Die Antwort des Senators darauf bleibt allerdings meist unerwähnt: „Balotelli ist ein verdorbener Junge. Ich habe keinerlei Interesse daran, weiter auf ihn einzugehen. Denn unser Land hat nun wahrlich wichtigere Probleme!“