© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/18 / 13. April 2018

In Disneys Welt
In Mainz läuft noch bis Ende Juli eine Sonderausstellung zu Micky Maus & Co.
Karl-Heinz Schuck

Wohl jeder kennt sie: Micky Maus, Donald Duck und alle ihre Freunde, die das berühmte Entenhausen bevölkern und seit nunmehr knapp 90 Jahren Kinder, aber auch Erwachsene begeistern. Wer nun aber auch wissen will, wer die Macher dahinter waren oder derzeit sind und welche Entwicklung das Universum dieser Charaktere in den Jahrzehnten ihrer Existenz genommen hat, der ist in der empfehlenswerten Sonderausstellung „Mickey, Donald & Friends“ mit rund 300 Exponaten im Landesmuseum Mainz bestens aufgehoben.

Sie verteilt sich auf zwei Räume. Der erste widmet sich neben der Biographie des Erfinders der berühmten Micky Maus, Walt Disney, auch legendären Zeichnern wie Carl Barks oder Don Rosa. Der Besucher wird bereits zu Beginn mit Originalzeichnungen und Bewegungsstudien aus den 20er und 30er Jahren überrascht, die unter anderem verdeutlichen, wie Donald von einer Ente mit langem Hals und Schnabel zu seiner endgültigen Form gekommen ist. Schwerpunkt ist zunächst die Entstehung eines Zeichentrickfilms in allen Entwicklungsschritten.

Disney baute seine eigenen Figuren gerne in an europäischen und insbesondere deutschen Märchen und Erzählungen angelehnten Geschichten ein – gezeigt wird hier als Beispiel ein kleiner Film mit Micky als tapferes Schneiderlein. Verschiedene Ausstellungsstücke zeigen danach die bereits schnell einsetzende Vermarktung der Charaktere auf Porzellangeschirr, Vorratsdosen oder als Kunstobjekte. Ein besonderes Glanzlicht in der Ausstellung sind hier die Mickey-Mouse-Book-Ausgaben Nummer 1 und 3 von 1931, sicher verwahrt in einer Glasvitrine.

Ein weiterer Teil zeigt die Entstehung der Comics. Originale Konzeptzeichnungen, Vorzeichnungen und fertige Vorabzüge aus den Dreißigern verdeutlichen die Arbeitsweise der Zeichner. Die fertigen Comics wurden dann in der Regel Syndikaten angeboten, die sie als Zwischenhändler an Zeitungsverlage weiterverkauften.

Früher oft an deutsche Märchen angelehnt

Im weiteren Verlauf wird Floyd Gottfredson vorgestellt, der maßgeblichen Anteil an der Weiterentwicklung von Micky Maus hatte und seine Neffen Mack und Muck 1932 einführte. Ihm folgt Carl Barks, der große Autodidakt, der Entenhausen mit Figuren bereicherte, die nicht mehr weggedacht werden können. Er war Erfinder der reichsten und geizigsten Ente der Welt, Dagobert Duck, und seiner Gegenspieler, der Panzerknackerbande und der Hexe Gundel Gaukeley. Er hatte aber auch die Ideen zum Universalgenie Daniel Düsentrieb, zur Pfadfindergruppe Fähnlein Fieselschweif und zu Donalds ewigem Rivalen Gustav Gans.

Donald Duck, der ursprünglich als Nebendarsteller vorgesehen war, hat sich seit den späten Draußigern fest etabliert. Auch ihm wurden, ab 1940 dauerhaft, drei Neffen Tick, Trick und Track zur Seite gestellt – sie sind übrigens eine Erfindung des ebenfalls gewürdigten Zeichners Al Taliaferro. Donalds Dauerverlobte Daisy Duck verkörpert seit ihrer Einführung 1940 wie selbstverständlich immer das zeitgenössische Frauenbild, ohne aber dabei das Damenhafte zu verlieren. 

Don Rosa ist der letzte Zeichner, der im ersten Saal vorgestellt wird. Seine Geschichten gelten als geographisch und historisch hervorragend recherchiert. In ihnen greift er oft kleine Einzelheiten oder Sätze aus Werken von Barks als Aufhänger wieder auf und entwickelt sie von dort aus weiter. Sein großes Verdienst für alle Entenfreunde ist es, den Stammbaum der Entenhausener und eine vollständige Biographie zu Dagobert Duck entwickelt zu haben.

Nicht zu vergessen ist die Würdigung der genialen Übersetzerin Erika Fuchs, die großen Anteil an der Popularität der Comics bei uns in Deutschland hat. Sie verlieh jeder Figur einen eigenen Sprachstil und gilt mit Wörtern wie „staun“, „grübel“ und „ächz“ als Erfinderin des sogenannten „Erikativ“.

Im zweiten Ausstellungsraum befinden sich, neben einer kleinen Figurensammlung, drei großformatige Donald-Kunstwerke und ein wahrhaft riesiger Comic in deutscher Sprache. Dieser verteilt sich über zwei Wände und muß interessanterweise, wie ein japanisches Pendant, von rechts nach links gelesen werden. Er stammt aus der Feder von Jan Gulbransson aus München, der in diesem Saal ebenso wie Ulrich Schröder aus Aachen als Zeichner der heutigen Epoche vorgestellt wird.

Walt Disney – Mickey, Donald & Friends: Sonderausstellung bis zum 29. Juli im Landesmuseum in Mainz, Große Bleiche 49–51,  Öffnungszeiten: Mo. geschlossen, Di. 10–20 Uhr, Mi. bis So. 10–17 Uhr.