© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/18 / 13. April 2018

Leserbriefe

Zu: „Der Weg ins Freie“ von Konrad Adam, JF 14/18

Existentieller Totalausfall

Dieser Leitartikel ist hochinteressant und war überfällig. Es sei mir eine kleine Anmerkung erlaubt: Nach meiner Erinnerung fand 1973 (!), also schon vor 45 Jahren, im Zusammenhang mit dem Besuch des seinerzeitigen südvietnamesischen Präsidenten Van Thieu (der Vietnam-Krieg tobte noch) in Bonn eine regelrechte Straßenschlacht statt, bei der sich ein gewisser Semler und ein gewisser Horlemann hervortaten (beide gehörten zu sogenannten K-Gruppen). Auf dem Bonner Marktplatz wurde dabei das Pflaster zerstört und Pflastersteine als Wurfgeschosse eingesetzt. Dieser Quasi-Staatsbesuch war der damaligen Bundesregierung peinlich und wurde protokollarisch praktisch nicht wahrgenommen. Der durch und durch als korrupt geltende Van Thieu mußte sich persönlich Zugang zum Bundespräsidialamt verschaffen. Dann kam Bundespräsident Gustav Heinemann zum Eingang und empfing das nominelle Staatsoberhaupt mit den Worten: „Ich höre, Sie wollen mich sprechen.“ Der Gewaltausbruch kam bei den Bonnern natürlich nicht gut an, und die Bundesregierung (Kanzler: Willy Brandt) war sicher froh, daß sich die Medien nicht lange damit aufhielten. Ich kann mich nicht erinnern, daß die genannten Rädelsführer damals zur Verantwortung gezogen wurden. 

Mir fällt in diesem Zusammenhang noch ein, daß in jener Zeit der in Frankreich fast gottgleich verehrte und seinerzeit immer noch dem Stalinismus anhängende Jean-Paul Sartre einen Besuch in Stammheim bei Andreas Baader & Co. machte, wohl um die Linke seiner Sympathie und seines Mißtrauens gegenüber der Bundesregierung zu versichern. Er bezeichnete Baader nach dem Besuch gegenüber seinen Begleitern allerdings als „Arschloch“.

Ulrich Möllinghoff, Alfter






Zu: „‘Ganz großes Drama’“, im Gespräch mit Peter Gauweiler, JF 14/18

Gesinnungsschnüffelei

Selten habe ich ein so funkensprühendes Interview gelesen! Trotzdem wirkt Gauweilers großmütige Nachsicht gegenüber den 68er-Jakobinern etwas übertrieben. Den Gestus christlicher Barmherzigkeit gegenüber seinen einstigen Widersachern kann er sich jedenfalls unter der fragwürdigen Annahme, letzlich doch „gewonnen“ zu haben, sicherlich leichter leisten als mancher andere. 

Da der einst so aufrechte Kämpfer seine ihm numerisch und in puncto fanatischer Energie weit überlegenen Gegenspieler überwiegend aus der Außensicht erlebte, ist es verständlich, wenn ihm die Auseinandersetzungen aus der zeitlichen Distanz als etwas „Theaterhaftes“ erscheinen. Ich aber kenne meine Pappenheimer, war ich doch einmal selbst so einer: Für mich war es vor allem der Vietnamkrieg und die vom damaligen medialen Mainstream verbreitete verlogene US-Propaganda sowie die Vasallentreue unserer damaligen Politikerriege, die mich dazu brachten, mein Heil bei den neuen Linken zu suchen und den Kriegsdienst nach bereits abgeleistetem Wehrdienst nachträglich zu verweigern. Sehr bald erlebte ich dort aber selbst unter „Freunden“ eine inquisitorische Gesinnungsschnüffelei und einen Meinungsterror, wie ich es weder vorher noch in meinem späteren Leben jemals wieder erfahren habe. Es galt der Grundsatz: „Und willst du nicht mein Bruder sein, / So schlag ich dir den Schädel ein.“ Diese Erfahrungen leiteten bei mir ein allmähliches Umdenken ein. Diese „Eckensteher der Geschichte“ und ihre Adepten aber haben sich auf allen Ebenen der Gesellschaft etabliert und schüren, seit sie um ihre kulurelle Hegemonie fürchten müssen, unter dem Schlachtruf „Kampf gegen Rechts“ eine permanente Pogromstimmung gegen Andersdenkende. 

„Kinderkreuzzug“? Diese Einschätzung Gauweilers hat insofern einen Beigeschmack von Wahrheit, als etwa die Kindersoldaten Pol Pots, dem manche Führungsfiguren der 68er damals huldigten, sich als besonders grausame Schergen dieses Gewaltherrschers bewährten. Wozu solche „Kinder“ fähig sind, zeigte sich dann auch bei uns in den „bleiernen Jahren“ im Schatten der RAF, einer Ausgeburt von „68“ – und „der Schoß ist fruchtbar noch“, denkt man an die zunehmenden Gewalttaten der von einigen Parteien gehätschelten und zum Teil staatlich alimentierten „Antifa“-Formationen.

Karl-Heinz Ruda, Niedermurach




Ein wenig Widerspruch

Die Nachsicht, die Herr Gauweiler gegenüber den 68ern übt, ist sehr angenehm und beweist, daß er nicht der rechte Reaktionär ist, als den ihn die viel „verkniffeneren“ Linken wahrscheinlich ansehen. Wie hätte wohl ein Linker auf eine konservative Revolution reagiert? Wahrscheinlich mit Ausdrücken wie „Nazi“. Trotzdem möchte ich ein wenig widersprechen. Es geht nicht darum, die dummen Jugendsünden naiver und verwöhnter Pubertierender zu verzeihen, sondern darum, aufzuzeigen, welche langfristigen Schäden sie angerichtet haben, die man heute noch überall sehen kann. 

Wenn Leute mit Mao-Bibeln herumliefen – also einem Massenmörder huldigten, der mehr Menschen ermordet hat als Adolf Hitler – und ständig den Namen eines anderen Massenmörders, Ho Chi Minh, skandierten, kann man das vielleicht als Auswüchse „dummer Jungens“ ansehen (ich glaube, so hat Helmut Schmidt diese Leute einmal bezeichnet). Aber diese 68er haben keinen frischen Wind in das politische Leben der Bundesrepublik gebracht oder Deutschland gar erst richtig demokratisiert, wie sie das selbst behaupten, sondern dem Land bleibenden Schaden zugefügt. 

In seinem Buch „United in Hate“ zeigt der russisch-amerikanische Schriftsteller Jamie Glazov deutlich die Sympathie, man könnte fast sagen die Komplizenschaft, der Linken mit den totalitären Regimen Stalins, Maos usw. Da sie aus ihren Fehlern grundsätzlich nichts zu lernen scheinen, schenken sie ihre Sympathie heute dem Islam („Der Islam gehört zu Deutschland“). Die Irrtümer der 68er sind leider keine Episode, ein „Kinderkreuzzug‘“, über die man sich gelassen amüsieren kann, sondern ein fortlaufender falscher, stur verfolgter Kurs.

Klaus-Peter Kubiak, Recklinghausen






Zu: „An die Schalthebel gelangt“ von Karlheinz Weißmann, JF 14/18

Pseudorevolutionäres Spektakel

Ich habe die 68er-Bewegung als Soziologiestudent aus nächster Nähe miterlebt. Im Rückblick sehe ich sie ziemlich kritisch. Im Grunde war sie zweierlei: ein pseudorevolutionäres Spektakel und zugleich ein hedonistisches Happening – inszeniert von einer privilegierten Gruppe Jugendlicher, deren langer Marsch durch die Institutionen meistens sehr angenehm in den oberen Etagen der einst so verhaßten kapitalistischen Gesellschaft endete. Jene Studenten propagierten Gewaltfreiheit und Basisdemokratie, verehrten aber die brutalsten kommunistischen Despoten und engagierten sich für militante, autoritär organisierte Gruppen auf der ganzen Welt. Der laut verkündete Anspruch auf kritische Vernunft war nicht viel mehr als eine intellektuelle Pose, in Wahrheit ging es um kollektive Identität und ideologische Gefolgschaft. 

Die antikapitalistische und antiimperialistische Programmatik bestand hauptsächlich aus Parolen, die von führenden Aktivisten ausgegeben wurden. Bruchstücke von alten und neuen Theorien, die niemand richtig verstand, schwirrten herum. Die soziale Marktwirtschaft wurde als ausbeuterisch und die parlamentarische Demokratie als kryprofaschistisch „entlarvt“. Der Sozialismus war wunderbar, wenn er weit weg oder in einer utopischen Zukunft lag, aber der diktatorische und entwicklungsunfähige osteuropäische Sozialismus in unserer unmittelbaren Nachbarschaft war ein Thema, um das sich die linken Studenten herumdrückten. Einen verlegenen Bogen machten sie auch um die deutschen Arbeiter, die Gewerkschaften und die SPD, denn dort wurde die Umsetzung der linken Theorien mühsam, und dieses Milieu war einfach nicht sexy. Die Weltrevolution hat bekanntlich nicht stattgefunden – im Gegenteil: Der Sozialismus ist kollabiert. 

Dennoch hatte die 68er-Revolte vielfältige Nachwirkungen, etwa den RAF-Terror, die anarchistische autonome Szene, die Ideologisierung der ökologischen Bewegung, die antiautoritäre Erziehung, die radikale Protestkultur, die Verbreitung schlechter Manieren, die Erosion der traditionellen Familie, die Politisierung der Kirchen, die Respektlosigkeit gegenüber fachlicher Kompetenz, die Demontage des Nationalstaats, die Toleranz gegenüber dem massenhaften Mißbrauch des Asylrechts usw. Ja, Deutschland ist seit 1968 bunter geworden. Zu bunt für meinen Geschmack.

Dr. Manfred von Glehn, Hinterschmiding






Zu: „Auf Hieb und Stich“ von Christian Schreiber, JF 14/18

Keiner zückte damals ein Messer

Zu einer Zeit, als unsere Kulturbereicherer noch fern waren, trugen die Jungen häufig Lederhosen, zu denen ein Fahrtenmesser mit langer, starker Klinge gehörte. Die Sitten waren damals rauh. Wenn zwei sich schlugen, riefen die Umstehenden im Chor: „Hau ihn, er lebt noch!“ Sobald aber einer am Boden lag, war Schluß. Weder der Sieger noch sein Anhang versetzten dem Unterlegenen Tritte ins Gesicht oder in den Leib, wie es heute üblich ist. Keinem kam es in den Sinn, zum Messer zu greifen, und schon gar nicht, es gegen Mädchen einzusetzen. Heute heißen die Opfer Maria, Mia oder Mireille, die Täter meist Ali, Mehmet oder Hussein. 

Wäre da nicht der Zeitpunkt gekommen für empörte Proteste von Hunderttausenden gegen die Migrationslobby und den Zynismus der Herrschenden, die immer nur von bedauerlichen Einzelfällen, von Beziehungstaten und von schlimmen Vorfällen reden? In Wahrheit liegt doch vielfach Mord oder versuchter Mord zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder anderen niedrigen Beweggründen vor. Kandel ist überall und die Mörder sind mitten unter uns.

Adolf Frerk, Geldern




Pfeiffersches Diskursfieber

Nun wissen wir es, weshalb viele Immigranten aus nichtigem Anlaß sofort zum Messer greifen und zustechen. Per Ferndiagnose – von Untersuchungen ist keine Rede – hat Professor Pfeiffer herausgefunden, die Täter würden keinen anderen Ausweg sehen, als Rache auszuleben und wütend zuzustechen, weil „sie hier in unserem Land keine Verankerung haben“. Angeblich handelt es sich um Personen, die persönlicher, rechtswidriger Verfolgung oder dem Granat- und Bombenhagel entkommen sind. Man müßte annehmen, daß sie zunächst einmal froh sind, hier „Zuflucht“ gefunden zu haben. Eine sofortige Integration, das heißt insbesondere Eingliederung in den Arbeitsprozeß, ohne Kenntnis der deutschen Sprache und zumeist ohne Berufsausbildung und nur dürftige Schulbildung konnten diese Menschen doch wirklich nicht erwarten. Sollten sie tatsächlich meinen, „Rache“ üben zu müssen, weil sie nach zwei bis drei Jahren noch keinen Arbeitsplatz gefunden haben – es gibt auch deutsche Langzeitarbeitslose! –, bedeutete dies, daß wir es hier mit einem äußerst gefährlichen Personenkreis zu tun haben, denn das Ausleben der Rache wird sich bei diesem, wie der Herr Professor selbst feststellt, erst bei „besserer Integration“ ändern.

Dr. Theodor Seidel, Berlin






Zu: „Die vergessenen Opfer“ von Nicolaus Fest, JF 13/18

Es gilt das Recht des Stärkeren

Aus „Refugees welcome“ wird „Refugees first“. Nicht nur die Unruhen der Essener Tafel zeigen, was bei den Burschen aus dem Morgenland gilt: das Recht des Stärkeren. Ein Staat, der hier nicht eingreift, signalisiert Schwäche. Uwe Tellkamps Aussage, die allermeisten Zuwanderer seien keine Flüchtlinge, ist eine Tatsache, die längst jedermann bekannt sein dürfte. Wer sich davon distanziert, distanziert sich von der Wahrheit. Die Berliner Morgenpost vom 16. März 2018 verspricht uns inzwischen neue Flüchtlinge. Die dann wohl allesamt durch sichere Drittländer zu uns kommen, oder sollte man schon sagen „angeflogen“ kommen? 

Dem eigenen Volk, das die Gewalttaten der „Flüchtlinge“ als „Bereicherung“ begreifen soll, wird bei jeder Gelegenheit (siehe Frauenmarsch) offen in den Rücken gefallen – eine stille Post an die Migranten, die uns dadurch längst als Freiwild betrachten dürften.

Gabriele Sachs, Berlin






Zu: „Der Markt macht’s“ von Erich Weede, JF 12/18

Verfehlte Analyse Afrikas

Der Autor des besprochenen Buches, Rainer Zitelmann, sieht in der rasch wachsenden Zahl der Reichen in Afrika ein „Hoffnungszeichen“. Das verrät eine verfehlte Analyse: Reichtum in Afrika ist meistens das Ergebnis von Korruption, weitaus seltener ein Beweis wirtschaftlicher Fähigkeit.

Hans-Gert Kessler, München







Zu: „Das Versagen der Intellektuellen“ von Marc Jongen, JF 12/18

Moralische Selbstgefälligkeit

Früher hieß es, die Intelligenz sei links. Das hatte als Korrektiv gegen die Ausläufer der NS-Zeit seine Berechtigung, ist aber lange her. Schon damals war zu merken, daß das blindwütige Abräumen aller Traditionen ein Fehler war. Ich erinnere mich an einen Musiklehrer an unserer Schule, der das Singen von Volksliedern und das Abspielen von Orffs „Carmina Burana“ als einen Rückfall in den Faschismus bezeichnete und strikt ablehnte. Dieser Typus von „Nazi-Jägern“ hat sich inzwischen in den Institutionen festgesetzt, und dies mit zum Teil hanebüchenen Argumenten, was zu einer Inflationierung von Begriffen wie Rassist, Faschist, Nazi usw. führt. Grundiert ist diese Überwachungs- und Diffamierungshaltung mit einer moralischen Selbstgefälligkeit, die jeden Diskurs unmöglich macht.

Gernot Freyberg, Erkrath