© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/18 / 13. April 2018

Grüße aus Bern
„Häsch a gli Münz?!
Frank Liebermann

Bern hat auch ein Nachtleben. Sogar ein sehr ausgeprägtes. Wer tagsüber durch die Gassen schlendert, erlebt eine beschauliche Ruhe und einschläfernde Gemütlichkeit. Wie anders dagegen die wilden Nächte. Wer zu später Stunde mit dem Zug am Bahnhof ankommt, trifft auf Horden von Feierwütigen, die ihren Trieben freien Lauf lassen. Geboten ist für jeden etwas. Die gediegenen Partys für die Etablierten, schicke Clubs für die Schönen und Reichen, aber auch für den „Underground“ ist gesorgt.

Wer den Bahnhof in Richtung Aarbergergasse am Samstagabend verläßt, trifft auf eine der ersten Partymeilen. Schnorrer umlagern den Ausgang und fragen jeden, der nicht schnell genug an ihnen vorbeischaut, „Häsch a gli Münz?“. Nur ein paar Ecken weiter lungern Junkies in abgerissenen Klamotten herum. Um die Szene vollständig zu machen, dürfen die jungen Männer mit Kapuzenjacken und Kunstpelzrand nicht fehlen, die mit hippem Vollbart und bunten Sneakern durch munteres Abklatschen und engagiertes Krakeelen bei den Weibchen zu imponieren versuchen. Das friedliche Bild bekommt am Abend dann deutliche Kratzer. Je später die Nacht, desto rabiater das Publikum. Bern wird spätnachts zur Hauptstadt der Prügelnden und Randalierer. 

Auch das Verhalten gegenüber der Polizei läßt mittlerweile zu wünschen übrig.

Die Innenstadtbewohner sind von Lärm, öffentlichem Urinieren, Sachbeschädigungen und anderen Belästigungen nicht begeistert. Wie in vielen anderen Städten schaffen es Frustrierte auf dem Gerichtsweg, daß Lokale und Treffpunkte von Partygängern schließen müssen. Dies ist nicht nur das übliche Querulantentum von Zugezogenen, sondern auch der Verrohung der Situation geschuldet. 

Es verwundert nicht, daß die Polizei eine deutliche Steigerung an Schlägereien und schweren Körperverletzungen vermeldet.  Selbst das Verhalten gegenüber der Polizei läßt zu wünschen übrig – auch hier steigt die Zahl der Übergriffe. Jetzt will die Polizei sensibilisieren. In letzter Zeit hat sie ihre Präsenz in der Berner Innenstadt an den Wochenenden merklich erhöht. Es ist kaum mehr möglich, ein paar Meter zu gehen, ohne einem Freund und Helfer zu begegnen. Jugendliche, die sich laut und aggressiv verhalten, bekommen eine direkte Ansprache. Wer darauf nicht reagiert oder den Polizisten dumm kommt, soll schnell Repressionen zu spüren bekommen.  Für den Fall, daß wie wiederholt ganze Gruppen randalieren, wurde auch vergesorgt: die Polizei bekommt einen neuen Wasserwerfer.