© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/18 / 06. April 2018

Der Flaneur
Petri Heil!
Verena Rosenkranz

Wer in Österreich auf die 35 Nordsee-Filialen verzichten und lieber selbst Hand an die Angel legen will, muß zuerst – ganz nach deutscher Verwaltungswut – in den Besitz eines Fischerscheines kommen. Und den dafür erforderlichen Kurs absolvieren mitsamt anschließender Prüfung, die in jedem der neun Bundesländer tatsächlich völlig andere Grundlagen hat. Gemeinsam ist ihnen allerdings ein Multiple-Choice-Aufbau, der auch von der Speisekarte der Nordseeläden stammen könnte. 

Während die anderen Beutefotos vergleichen, frage ich nach der besten Filetiermethode.

Während einige pensionierte Landbewohner im besagten Fischer-Kurs nach einer ersten Einführung in die Materie unbeholfen ihre Smartphones hervorkramen und die bisher erlebten Prachtfänge vergleichen, frage ich mich, welche Zubereitungsart wohl am besten für die verschiedenen Arten geeignet ist. Auch die Pausenunterhaltung schweift ab zum prahlerischen Gewichtsvergleich des zuletzt ins Netz gegangenen Hechts, Zanders oder Karpfens. Der Kursleiter fragt daraufhin prüfend, was wir mit einem Barsch in der Größe von 15 Zentimetern anstellen würden. Er will Schonzeit und Brittelmaß wissen. Die vermeintlich erfahrenen, aber erstaunlicherweise im gleichen Kurs sitzenden Kollegen lachen überheblich: „Zurück ins Wasser damit!“ Ich frage nach der besten Filetiermethode und ernte schallendes Gelächter. So eine Frage könne nur von einer Frau kommen, der Herr Oberförster sei ja kein Koch. Bei diesem stoße ich aber auf ungeahnte Sympathien, und er lenkt das Thema ganz zum Unmut der sensationslustigen Teilnehmer auf den eigentlichen Sinn des Fischfanges zurück: Nahrungsbeschaffung. 

Einen einzigen Berufsfischer gebe es noch entlang des österreichischen Donauabschnittes: zu gering die Bestände, zuwenig Lohn für die mühevolle Arbeit. „Catch and Release“ sei immer beliebter, ein angeberisches Bild mit dem wertvollen Lebewesen und dann zurück ins Wasser. Der eigene Bauch bleibt davon allerdings leer.