© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/18 / 06. April 2018

Tunesiens Zukunft benötigt keine Brüsseler Visionen
Stabiler als Europa
(ob)

Tunesien macht seit Wochen Schlagzeilen mit gewalttätigen Protesten, Polizeieinsätzen und Verhaftungen. Für Tahar Berberi kündigt sich damit keine zweite „Arabellion“ an. Der Generalsekretär der tunesischen Metallarbeiter-Gewerkschaft sieht in diesen Konvulsionen vielmehr normale Auswirkungen gesellschaftlicher Transformationsprozesse in einem Entwicklungsland und nicht den Beginn einer Revolution, wie sie französische Medien geradezu herbeischreiben wollten. Überhaupt sei das von westeuropäischen „Experten“ vermittelte Bild von Tunesien „bizarr“. Man erlebe eine Wirtschaftskrise, aber „der Alltag verläuft normal, denn seit der Revolution lieben die Bürger ihr Land und fühlen sich als sein Teil“. Daher sei der Staat mit seinen 11 Millionen Einwohnern, den die bundesdeutsche Asyllobby bis heute starrsinnig als „unsicheres Herkunftsland“ verteufelt, „stabiler als Europa“ (Welt-Sichten, 3/2018). Er könnte sogar die ihm kürzlich von Emmanuel Macron angediente Rolle übernehmen, die Stabilität Libyens zu sichern – eine Aufgabe, an der die Europäer gescheitert seien. Aber Tunesien habe es nicht nötig, sich vor den Karren der EU spannen zu lassen. Man habe zwar selbst noch keine „Vision für die Zukunft des Landes“.  Keinesfalls benötige man für deren Gestaltung jedoch Europa. Schon gar nicht wolle man „von  Europa gerettet“ werden. 


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