© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/18 / 06. April 2018

Steht die einst mächtige Deutsche Bank am Abgrund?
Frankfurter Dauerkrise
Thomas Kirchner

Ein neuer Chef soll es richten. Presseberichten zufolge sucht Deutsche-Bank-Aufsichtsratschef Paul Achleitner einen neuen Vorstandsvorsitzenden. Das dürfte schwierig werden: Der Posten in Frankfurt am Main gilt als schwierigster Job der Finanzbranche und Schleudersitz. Da hilft es nicht, wenn Technikvorständin Kim Hammonds die Bank als „funktionsgestört“ bezeichnet.

Im vierten Jahr in Folge schaffte die Deutsche Bank es auf die Liste der größten Kapitalvernichter der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, trotz fünf Prozent Kursgewinns 2017. Doch in diesem Jahr geht es wieder bergab, um 28 Prozent bisher. Der Marktwert ist heute nur knapp höher als 1994, als der Umbau in eine globale Investmentbank begann. Der Aktienindex Dax hat seitdem um 421 Prozent zugelegt. Der Gewinn pro Aktie war 2007 mit 10,32 Euro fast so hoch wie heute der Aktienkurs. Ackermanns Eigenkapitalrenditeziel von 25 Prozent bleibt auf absehbare Zeit ein Traum. 

Doch nicht Ineffizienz ist ein Problem. Hauptursache ist ein Umsatzrückgang von über 37 auf unter 30 Milliarden Euro in den letzten zwei Jahren, teilweise aufgrund von Währungseffekten. Die Bank schrumpft, so wie ihre Kritiker es immer gefordert haben, aber ob sie sich auch gesundschrumpft? Ein wichtiger Schritt zur Verkleinerung war der Verkauf der Fondssparte DWS an der Börse für 2,2 Milliarden Euro im März. Das bedeutet aber auch, daß DWS einschließlich der Plazierungserlöse knapp ein Drittel der Marktkapitalisierung der Deutschen Bank ausmacht. Der Buchwert pro Aktie liegt fast beim Dreifachen des Kurses. Die schlechte Berichterstattung zeigt also Wirkung .

Die Deutsche Bank ist nicht schlechter als andere internationale Großbanken auch: An Goldman Sachs kommt man lange nicht heran, aber man ist auch keine kleine Sparkasse. Im undifferenzierten Mittelfeld ist die Konkurrenz hart. Jeder will mit dem Mittelstand Geschäfte machen, und im unteren Marktsegment ist mit der Postbank nicht viel Gewinn zu machen. Also wäre eine Aufstellung als Universalbank strategisch durchaus sinnvoll. Die Verkäufe der DWS sowie – heimlich, still und leise – der Trust-Sparte an Butterfield deuten aber auf eine Abkehr von Diversifizierung des Geschäftsmodells hin. 

Nur zwei Jahre bleiben, die Bank zu ihrem 150jährigen Jubiläum in Schuß zu bringen. Schon wieder ein Wechsel an der Spitze würde der Bank nicht unbedingt guttun. Das Problem liegt vermutlich im Aufsichtsrat. Ex-Merrill-Lynch- und Ex-CIT-Group-Chef John Thain bringt Erfahrung in Krisenbewältigung in den Aufsichtsrat. Die Internationalisierung ist also zum Glück nicht beendet. Nicht der Brite John Cryan, sondern der Oberösterreicher Achleitner gehört ausgewechselt. Und das gilt auch für die Vorzeigefrau Hammonds, die ihre Bank funktionsgestört nennt, obwohl es eigentlich ihre Aufgabe wäre, das zu ändern.