© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/18 / 06. April 2018

Koptische Märtyrer
Sie ließen sich nicht beugen
Dieter Stein

Ein Ostergottesdienst in einer landeskirchlichen evangelischen Gemeinde in Berlin. Die Pfarrerin spricht von „Jüngerinnen und Jüngern“ Jesu, läßt die Kinder gleich zu Beginn lärmend nach im Gotteshaus versteckten Schokoeiern suchen – sie werden sich später nicht mehr beruhigen lassen. Nach wenigen Sätzen landen wir in der Begrüßung beim Klimawandel. Immerhin werden noch die alten Lieder von Paul Gerhardt gesungen.

Die Erschütterung und Hoffnung, die Kreuzigung und Auferstehung des Gottessohnes für Christen bedeuten, wo tritt sie uns in unseren Breiten noch elementar entgegen? „Wer nun mich bekennt vor den Menschen, zu dem will ich mich auch bekennen vor meinem Vater im Himmel“, heißt es bei Matthäus. An der Wiege des Christentums steht nicht nur das Martyrium von Jesus, es folgt die endlose Passion der Gläubigen, die ungezählt für ihr Bekenntnis mit ihrem Leben bezahlten, die durch ihr Beispiel aber das Fundament der Kirche legten.

Welchen Preis zahlen wir jenseits der Kirchensteuer für unser Glaubensbekenntnis? Den Schriftsteller Martin Mosebach schockierte der Gleichmut, mit dem die brutale Verfolgung von Christen im Nahen Osten von Europäern, insbesondere von Vertretern der Amtskirchen, aufgenommen wird. „Es sind doch nur Kopten“, erwiderte lakonisch ein katholischer Bischof auf Mosebachs Frage nach dem Schicksal der vom IS ermordeten Christen. Mit seinem jüngsten Buch „Die 21 – Reise ins Land der koptischen Martyrer“ setzt er deshalb jenen 21 jungen Männern ein Denkmal, die von Terroristen des „Islamischen Staates“ mit dem Tode bedroht, ihrem Glauben nicht abschworen und hierfür geköpft wurden. Die unerschütterliche Haltung dieser aus einfachsten Verhältnissen stammenden Arbeiter, sie muß uns tief beschämen.

Mosebachs Spurensuche unter den ägyptischen Kopten hält uns einen Spiegel vor, in den wir nur ungern blicken:  Wir sehen ein Volk, das unbeugsam und fromm an seinem überlieferten Glauben festhält und sich mit größtem Stolz seiner Söhne erinnert, die diesen Glauben mit ihrem Leben bezahlten. Die 21 Geköpften, sie sind nicht vergessen, sie haben Namen und Gesichter, die inzwischen als moderne Ikonen verehrt werden und denen im Februar sogar eine neugebaute Kirche in ihrer Heimatgemeinde geweiht wurde. 

Während unsere Landeskirchen, saturiert und materiell so gut ausgestattet wie nie zuvor, den Missionsbefehl verraten, ihre Würdenträger sogar öffentlich das Kreuz ablegen, um nicht „anzuecken“, tätowieren sich Kopten das Kreuz auf das Handgelenk, um sich zu bekennen. Und sie tun es, obwohl sie eine Minderheit in einem muslimisch geprägten Land sind. Müssen auch wir erst in die Minderheit geraten, um uns wieder zu bekennen?