© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/18 / 30. März 2018

CD-Kritik: Sólstafir
Sprachbotschafter
Sebastian Hennig

Der Name der isländischen Musikgruppe Sólstafir beschreibt die Erscheinung langsam sich ausbreitender Sonnenstrahlen. Die vier Musiker aus dem Land der diffusen Mitternachtssonne lassen sich Zeit damit, ihre Musik vor den Ohren der Hörer auszubreiten. Sie heben immer langsam an mit Klängen, die wie ein einsames Horn durch die neblige Weite schallen, um dann zunehmend vitaler zu werden.

Von den acht Liedern ihren Albums „Berdreyminn“ überschreiten die meisten erheblich die Länge eines typischen Songs. Sänger Aðalbjörn Tryggvason trägt den Nachnamen eines sehr berühmten norwegischen Königs. Zu diesem Olav Tryggvason hat Edvard Grieg ein Opernfragment hinterlassen. Auch in der Musik von Sólstafir geht es episch zu, beinahe opernhaft. Elemente des ungebärdigen Death Metal werden hier zu beinahe Art-Rock-haften Miniaturen verwoben. Wie ein Kahn mit dem im Streit gefällten Krieger durch Nebelschwaden gen Walhall treibt, so heroisch und melancholisch schwebt diese Musik an uns vorbei. Die Einbettung in umfassende akustische Stimmungen verklärt die Simplizität des Hardrock romantisch. Das phonetische Geheimnis der isländischen Sprache tut das Seine dazu. Es handelt sich bei Sólstafir vermutlich um die populärsten Botschafter dieser Sprache, die in etwa so viele Sprecher wie die Stadt Augsburg Einwohner hat.

Sólstafir Berdreyminn Season of Mist, 2017  www.solstafir.net