© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/18 / 30. März 2018

Grüße aus Bozen
„Hosch des gsehn?“
Martin Feichter

Ein Hauch von Desinfektionsmitteln liegt in der Luft, Männer und Frauen in weißen Kitteln huschen durch die Flure. Ein Tag wie jeder andere im Bozner Krankenhaus, und die Warteschlangen vor den Untersuchungszimmern sind lang. 

„Mami, hosch des gsehn?“ fragt ein Mädchen seine Mutter. Es hatte sich die Zeit mit dem Lesen von Anschlagstafeln vertrieben, sofort war ihr ein Fehler ins Auge gesprungen. „Da auf dem Plakat, da haben die einen Buchstaben vergessen. Gleich zweimal“, erklärt das Kind und deutet mit dem Finger darauf. Auf dem Informationsblatt prangt in großen Lettern das Wort „Schwangershaft“ – der Buchstabe „c“ fehlt. 

Das Plakat weist in mehreren Sprachen auf ein mögliches Risiko von Röntgenstrahlen in der Schwangerschaft hin. Das holprige Deutsch rangiert dort in der Reihenfolge weit abgeschlagen an vorletzter Stelle, hinter dem Italienischen, Arabischen und Englischen. Die älteste Sprache Südtirols, das Ladinische, fehlt.

Eine Krankenschwester betritt den Wartesaal. „Prego, Signora Maier“, ruft sie ins Rund.

„Zum Schämen“, „eine Frechheit“, und: „Wieso soll Arabisch wichtiger als Deutsch in Südtirol sein?“ kommentierten Facebook-Nutzer unter einem Foto eines solchen Plakates. Obwohl das Infoblatt zwei Aufreger in einem vereint, blieb ein richtiger Shitstorm aus. Schon lange haben sich die deutschen Südtiroler an derlei Vorfälle gewöhnt, sind irgendwann abgestumpft.

Wenngleich die Mehrheit der Bevölkerung Deutsch als Muttersprache angibt, ist es nichts Neues, daß dem Deutschen nicht die notwendige Aufmerksamkeit geschenkt wird. Nicht nur bei Informationsschreiben, sondern auch im täglichen verbalen Sprachgebrauch mit Privaten und Institutionen. So gab fast ein Drittel der deutschsprachigen Südtiroler bei einer Erhebung an, sich im Krankenhaus nicht in der eigenen Muttersprache verständigt haben zu können. Auch die Politik stand laut der zuständigen Landesrätin erst vor kurzem vor der Wahl, in der Notaufnahme entweder kein oder nur einsprachiges Personal zu beschäftigen.

„Ja, du hast recht“, sagt die Mutter und streicht ihrer Tochter durch das braune Haar. „Aber über solche Kleinigkeiten mußt du hinwegsehen. Es geht uns doch ganz gut hier. Hauptsache, wir werden behandelt.“ Die Tochter runzelt die Stirn. „Okay, Mami“, sagt sie dann. Eine Krankenschwester betritt den Wartesaal. „Prego, Signora Maier“, ruft sie. Beide stehen auf.