© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/18 / 30. März 2018

Affäre der Woche
Schwarzbraun bin auch ich
Christian Vollradt


Eine Langspielplatte von 1981 hat Nordrhein-Westfalens Heimatministerin Ina Scharrenbach (CDU) in Bedrängnis gebracht. Der blonde Barde Heino hatte der Frau Minister vergangene Woche in seiner Funktion als von ihr berufener Heimat-Botschafter sein Album „Die schönsten deutschen Heimat- und Vaterlandslieder“  überreicht. Darauf unter anderem das Lied „Wenn alle untreu werden“ von Max von Schenkendorf aus dem Jahr 1814. Das Geschenk sei „bei der Übergabe nicht unter dem Aspekt der politischen Korrektheit überprüft worden“, so Scharrenbach. Am Freitag hatte die Bild-Zeitung das Stück in einem vermeintlichen SS-Liederbuch präsentiert – tatsächlich aber ein aufgeschlagenes Allgemeines Deutsches Kommersbuch abgebildet, wie es in Studentenverbindungen noch heute in Gebrauch ist. Die zuletzt in ihrem früheren Stammland politisch arg gebeutelte SPD witterte Morgenluft und machte die Heino-Scharrenberg-Schenckendorf-Affäre zum Thema im Landtag. Blöd nur, daß die Sozialdemokraten vor lauter Empörung eines übersehen haben: Auch ihre Parteihymne („Wann wir schreiten Seit’ an Seit’“) aus der Feder des Dichters Hermann Claudius wurde von den Nationalsozialisten in die Liederbücher ihrer Massenorganisationen SA und SS aufgenommen. Jener Claudius übrigens, der gedichtet hatte: „Herr Gott, steh dem Führer bei, daß sein Werk das deine sei“. Was ihm unterdessen weder die SPD noch die ihr politisch nahestehende EKD verübelte, denn im Evangelischen Gesangbuch ist immer noch sein Weihnachtslied „Wißt ihr noch, wie es geschehen?“ enthalten. Aber vielleicht wird es ja einst wirklich wieder helle in aller Brüder  (und Schwestern?!) Sinn ...