© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/18 / 30. März 2018

Johannes Hartl. Der katholische Laienprediger wird immer mehr zum Phänomen
Gottes Partylöwe
Klaus Kelle

Johannes Hartl ist katholischer Theologe, sieht aber gar nicht so aus. Statt Schwarz mit weißem Kragen trägt er ein modisches blaues Sakko mit passendem Einstecktuch und Jeans, wenn er die Neumissionierung Deutschlands predigt. Inzwischen ist der Niederbayer, 1979 in Metten bei Deggendorf geboren, zum Star einer charismatischen Erneuerungsbewegung in der hiesigen katholischen Kirche geworden, denn Hartl ist ein Prediger, wie es ihn im deutschen Katholizismus so noch nicht gegeben hat. 

Basis seiner Mission ist das von ihm gegründete Augsburger Gebetshaus, und alljährlich veranstaltet er die immer erfolgreichere MEHR-Konferenz. „Mehr“, das steht für ein Mehr an Glauben, Spiritualität und Schönheit in den christlichen Amtskirchen. Zuletzt hatte er dazu im Januar in die Augsburger Messehallen geladen – für 169 Euro pro Eintrittskarte, Übernachtung und Verpflegung exklusive. Und trotzdem kamen 12.000 vornehmlich junge Christen, die den Glauben an das Reich Jesu noch nicht aufgegeben haben. Zeitweise herrschte eine Atmosphäre wie in Woodstock. Wildfremde Menschen, die sich umarmten und zusammen beteten, Tausende Jugendliche, die – die Arme zum Himmel gereckt – den „König Jesus“ mit Inbrunst besangen.

Seit 1993 ist Hartl im Namen des Herrn unterwegs. Seine Predigten sind mitreißend und haben nichts Sektiererisches. Er redet die Sprache der Jungen, doch inhaltlich ist er ganz klar, wenn er von Jesus Christus berichtet. So, als habe er ihn persönlich kennengelernt – und sicher würde er das so bestätigen. Hartl spricht von den Männern, die als Väter zu Helden werden sollen. Deren Aufgabe es sei, ihre Frauen und Kinder zu beschützen. Und er spricht von Jesus, der die Armen laut Bibel nicht mit Lumpen, sondern mit Gewändern und Roben gekleidet habe.

Wahrscheinlich hat Hartl sich ein wenig von den großen US-Fernsehpredigern abgeschaut. Doch treibt ihn nicht die Gier, Geld zu scheffeln, sondern der leidenschaftliche Wunsch, das Christentum in ein träge gewordenes säkulares Land zurückzubringen. Und das in moderner Verpackung, mit populärer Musik, LED-Strahlern und Videowänden. Im Augsburger Gebetshaus, wo die Gläubigen 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche in Schichten beten, stehen rosafarbene Designermöbel, und das Bistro reicht nicht Käsebrötchen und Pfefferminztee, sondern Focaccia mit Olivenöl und Serranoschinken.

Ist das noch katholisch oder  „nur“ christlich? Wer die Lateinische Messe bevorzugt, findet sie wieder in der Kirche. Und in Afrika erlebt man vier Stunden lange Gottesdienste mit Trommeln und Getränkepause. Warum also nicht auch Popmusik und Lightshow? „Gott ist es wert, daß wir für ihn die beste Party feiern!“, ist Johannes Hartl überzeugt. Und genau dafür sorgt er.