© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/18 / 23. März 2018

Knapp daneben
Kanada ist kein Vorbild
Karl Heinzen

Denken wir neu“, fordert Marie-Agnes Strack-Zimmermann die Besucher ihrer Website auf. In einem Gastbeitrag für Zeit Online ist die 60jährige Jungparlamentarierin und stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP nun mit gutem Beispiel vorangegangen. Das Ergebnis mag noch nicht ganz ausgereift sein, aber auch im intellektuellen Diskurs gilt das olympische Prinzip, daß Dabeisein alles ist. 

Immerhin hatte es das Thema in sich: „Wer Cannabis liberalisiert, schützt die Jugend!“ Da möchte man schon wissen, wie jemand auf so einen abgedrehten Einfall kommt, und tatsächlich ist Strack-Zimmermann um eine Argumentationskette nicht verlegen. „Der tägliche Konsum von Cannabis in rauhen Mengen“ ist zwar, so weiß die promovierte Politologin zu berichten, „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht gesund“. Mit Alkohol und fettigen Chips verhalte es sich aber nicht anders. Wie so oft komme es daher auf das richtige Maß an. 

Die Strafandrohung ist familienfeindlich, da sie kiffende Eltern und kiffende Kinder entzweit.

Der Versuch, mit einer Verbotspolitik den Cannabiskonsum einzudämmen, sei gescheitert. Vielmehr „hat der Staat die Kontrolle über den illegalen Markt vollkommen verloren.“ Das sollte eigentlich eine Liberale nicht weiter stören. Sie jedoch scheint den Drogenhandel in einer Verantwortung zu sehen, der er nicht mehr gerecht wird: „Die heutigen Dealer haben kein Interesse an Jugend- und Verbraucherschutz.“ Durch geeignete Rahmenbedingungen die Produktqualität heben, die Markttransparenz fördern und nicht zuletzt zusätzliche Steuereinnahmen generieren – die Legalisierung von Cannabis wäre eine Win-win-Situation für alle.

Sollte man sich hier aber ausgerechnet Kanada zum Vorbild nehmen, wie Strack-Zimmermann suggeriert? Wohl kaum, denn es klingt zwar liberal, daß man 30 Gramm getrocknetes Cannabis besitzen und vier Pflanzen anbauen darf. Wer den Stoff an Jugendliche weitergibt, riskiert in Kanada jedoch 14 Jahre Gefängnis. Diese Strafandrohung ist familienfeindlich, da sie kiffenden Eltern untersagt, mit ihren kiffenden Kindern zu teilen. Cannabis würde so die Generationen entzweien statt ein einigendes Band zwischen ihnen zu stiften.