© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/18 / 23. März 2018

Frisch gepresst

Türkeimission. Eine aktive „Betheiligung“ Deutschlands im Orient? Für Reichskanzler Otto von Bismarck angesichts der vielschichtigen orientalischen Unwägbarkeiten ein Unding, das keinen gesunden Knochen eines einzigen pommerschen Musketiers wert war. Bis Juni 1880 jedenfalls ließ er osmanische Anfragen abblitzen. Verschiebungen im Spannungsverhältnis der Mächte infolge des Berliner Kongresses (1878) führten jedoch dazu, daß er der Entsendung deutscher Militärmissionen (Kähler 1882, Freiherr Colmar von der Goltz (1883–1895) in die Türkei zustimmte. Kaiser Wilhelm II. forcierte den Kurs. 1914 übernahm Generalleutnant Liman von Sanders die Militärmission. Als Generalinspekteur der türkischen Armee und Mitglied des türkischen Kriegsrates stand er zu Ausbruch des Ersten Weltkrieges in der Hierarchie unmittelbar hinter Kriegsminister Enver Pascha. Die maßvolle militärische Unterstützung mutierte zur Waffenbrüderschaft. Hielten sich 1914 lediglich 70 deutsche Offiziere in der Türkei auf, so wuchs deren Zahl 1918 auf 800 an. Einer davon war Stabsoffizier Hans Guhr. Dessen Kriegsmemoiren (1916–1918) wurden nun neu aufgelegt. Detailliert schildert der Schlesier die militärischen Ereignisse und kommt zu dem gleichen Schluß wie weiland der Begründer der ersten preußischen Militärmission – Hauptmann Helmuth von Moltke, der 1835 bis 1839 in der „alten Türkei“ weilte und ein vernichtendes Urteil über den desolaten Zustand der osmanischen Armee zeichnete. (ctw)

Hans Guhr: Ein „Preuße“ als türkischer Divisionskommandeur in Kleinasien und Palästina. Helios Verlag, Aachen 2018, gebunden, 316 Seiten, 24,50 Euro





Amri-Attentat. Mehr als ein Jahr nach dem Terroranschlag auf den Berliner Breitscheidplatz konnten sich Anfang 2018 alle Fraktionen des Bundestags auf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses einigen, um die ungeheuren Schlampereien bei der Überwachung des islamistischen „Gefährders“ Anis Amri aufzuklären. Auf viele bekannte Fakten gestützt, haben Marco Monetha, im Bremerhavener Magistrat Koordinator für ehrenamtliche Flüchtlingshelfer, und der Politikwissenschaftler Stefan Schweizer eine „Doku-Fiktion“ geschrieben, die diese Terrorgeschichte nacherzählt. Ungewiß ist lediglich, ob die Realität nicht noch haarsträubender war. (bä)

Marco Monetha, Stefan Schweizer: Ungebremst. IS-Terror in Deutschland. Doku-Fiktion. Verlag Südwestbuch, Waiblingen 2018, broschiert, 308 Seiten, 14,80 Euro