© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/18 / 23. März 2018

Theorie und Praxis zusammenbringen
Das neue Online-Magazin „Journalistik“ möchte wissenschaftliche Grundlagen für den Medienbetrieb bieten
Ronald Berthold

Welche akademischen Grundlagen hat professioneller Journalismus zu beachten? Wie ist das mit der Nennung von Nationalitäten bei Straftätern? Bisher gab es im deutschsprachigen Raum keine Publikation, die die Arbeit von Redaktionen wissenschaftlich begleitet. Das Online-Magazin Journalistik schließt diese Lücke nun. Unter den fünf Herausgebern finden sich kaum Praktiker, dafür Theoretiker. Auch die einzige Redakteurin textet hauptberuflich bei einer Werbeagentur. 

Kann eine solche Publikation hilfreich sein? Ja, wenn sie sich den Themen so nähert wie es die „Zeitschrift für Journalismusforschung“ tut, die der Herbert von Halem-Verlag und die Stiftung Presse-Haus NRZ fördern. 

Die meisten Reporter dürften zum Beispiel vom „Konstruktiven Journalismus“ bisher nur wenig gehört haben. Doch was will diese neue journalistische Darstellungsform genau? Wie können dem Leser Lösungen angeboten werden? Wie kann er trotz eines negativen Themas ein positives Gefühl bekommen? Journalistik gibt dazu einen guten Überblick.

Auch einer anderen Problematik nähern sich Herausgeber Horst Pöttker und Redakteurin Petra Herczeg akademisch: dem Risiko, vom Presserat wegen „Diskriminierung“ gerügt zu werden. Die Antidiskriminierungsrichtlinie erfülle ihren Zweck „überwiegend nicht“, meinen sie. Denn: „Rezipienten ergänzen fehlende Informationen meistens durch Inferenzen, die auf Vorurteilen oder Erfahrungswerten basieren. Daß diese Ergänzungen oft fehlerhaft sein können, Tätern also fälschlicherweise einen Migrationshintergrund unterstellen, kann dem Zweck der Richtlinie sogar zuwiderlaufen.“ 

Aufgabe von Journalisten sei „das Herstellen von Öffentlichkeit“. Verweigerten sie sich dem, „müssen sie begründen können, warum sie etwas nicht veröffentlichen“. Die Richtlinie kehre dieses Verhältnis um, mache „das Nicht-Publizieren zum Normalfall und das Publizieren zur begründungspflichtigen Ausnahme“. Verkehrte Welt, die Journalistik auf die Füße stellt.

Das Magazin widmet sich auch dem Los freier Journalisten. Trotz Tätigkeit für meist mehrere Medien sei ihr Einkommen gering. Ähnlichkeit mit Festangestellten wiesen sie hingegen „hinsichtlich der eher linksorientierten politischen Einstellung und dem journalistischen Rollenverständnis auf“.