© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/18 / 23. März 2018

„Alle Dänen sparen Geld“
Rundfunkgebühr: Dänemark schafft den Zwangsbeitrag ab / Die ARD beharrt auf einer Abgabenerhöhung
Gil Barkei

Es ist ein empfindlicher Schlag gegen das System der Rundfunkgebühren – mit europäischer Signalwirkung. Hatten die Schweizer vor knapp zwei Wochen einer Abschaffung ihrer Zwangsabgabe noch eine deutliche Absage erteilt, soll die dänische „Medienlizenz“, für die jeder Däne etwa 330 Euro jährlich zahlt, nun komplett gestrichen werden. Darauf haben sich die drei Regierungsparteien und die Dänische Volkspartei (Dansk Folkeparti, DF), die die Minderheitsregierung stützt, geeinigt. 

Stattdessen sollen die öffentlich-rechtlichen Angebote durch Steuern finanziert werden. Eine neue Steuer soll aber nicht eingeführt, sondern der persönliche Steuerfreibetrag gesenkt werden. Trotzdem sparten letztlich alle Dänen Geld, erklärte Finanzminister Kristian Jensen (Venstre Partei) und betonte gleichzeitig Mittelkürzungen, so daß der Dänische Rundfunk (Danmarks Radio, DR) „20 Prozent seines Budgets in den nächsten fünf Jahren einsparen muß. Von diesen 20 Prozent wird ein Großteil durch die Abschaffung der Rundfunkgebühr an die Dänen zurückgegeben.“ Ein Teil der Ersparnisse soll in einen Fonds für Rentner fließen. Ziel sei aber auch, „eine bessere Balance und Platz für andere Medien“ zu schaffen. 

20 Prozent müssen eingespart werden

Künftig soll der Dänische Rundfunk, zu dem neben TV und Radio auch Online-Angebote sowie drei Orchester und fünf Chöre gehören, drei Milliarden Kronen (400 Millionen Euro) pro Jahr für qualitative Nachrichten sowie Kultur- und Geschichtssendungen erhalten. Dies bedeute die Absetzung einiger Programme und schließe auch Kündigungen nicht aus, teilte DR-Direktorin Maria Rørbye Rønn mit. 

Die geplante Neuregelung, bei der die notwendige Zustimmung des dänischen Parlaments als reine Formsache gilt, ist ein großer Erfolg für die DF, auch wenn diese eigentlich eine Ausgabenreduzierung von 25 Prozent verlangt hatte. Seit Monaten hatte die Partei eine Linkslastigkeit des DR bemängelt und die Abschaffung der Zwangsgebühr gefordert. Immer wieder stand der Dänische Rundfunk, dessen Beitrag hinter Norwegen und der Schweiz der drittteuerste Europas war, wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit und Spardisziplin in der Kritik. Viele Bürger weigerten sich, die Abgabe zu zahlen. „Mit der Umstellung stellen wir sicher“, so Finanzminster Jensen, „daß sich keiner mehr drücken kann“. 

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisierte das Modell einer Steuerfinanzierung. Dies würde dem Staat wieder mehr Einfluß auf den Journalismus geben, warnte DJV-Vorsitzender Frank Überall. ARD-Chef Ulrich Wilhelm hält unterdessen unbeirrt an seiner Forderung nach einer Erhöhung des deutschen Rundfunkbeitrags fest. „Ein werthaltiges Angebot unter Beibehaltung der Qualität kann man nicht über Jahre ohne Teuerungsausgleich erhalten“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. ARD, ZDF und Deutschlandradio müßten „tief in die Programme einschneiden“, wenn der Rundfunkbeitrag bei den momentan 17,50 Euro monatlich bleibe. Eine Beitragserhöhung sei „zwingend notwendig“, da das Angebot nun mal seinen Preis habe. „Die regionale Vielfalt und die vielen Qualitätsangebote“, wie das weltweite Korrespondentennetz oder hochwertige Hörspiel-, Kultur- und Kindersendungen, könne kein Privatsender leisten. „Diese Vielfalt rechnet sich für kommerzielle Anbieter nicht, bei einer reinen Marktlösung würde all das verschwinden.“

Angesichts des wachsenden Unmuts vieler Bürger in Europa gegenüber den Rundfunkanstalten sucht Wilhelm den Schulterschluß mit eigentlichen Konkurrenten. So schlägt er eine gemeinsame „Plattform der Qualitätsanbieter im Netz vor, an der sich die Öffentlich-Rechtlichen, die Verlage, aber auch kulturelle Institutionen wie Universitäten, Theater, Museen und viele andere beteiligen könnten“. Ein solches Projekt solle auf europäischer Ebene entstehen, „weil dafür eine Reihe rechtlicher Entscheidungen getroffen werden müßten: Kartellrecht, Urheberrecht, Telekommunikationsrecht“. Den Anfang könnten Deutschland und Frankreich machen. 

Bereits beim Handelsblatt-Wirtschaftsclub-Gespräch in München vergangene Woche lockte Wilhelm mit Warnungen vor der digitalen Übermacht aus den USA die Verlage. Eine Vernetzung über Deutschland hinaus ermögliche eine „europäische Selbstbehauptung, um auch kulturell tatsächlich überdauern zu können“. Zwar sei es den Rundfunkanstalten gesetzlich verboten, Werbung im Netz zu betreiben, „aber wir könnten natürlich mit unserer Reichweite den Verlagen dabei helfen, eventuell eine Finanzquelle durch gewachsene Werbeumsätze auf diesen vernetzten Plattformen zu bekommen“. 

Längst gibt es europaweit Überlegungen zu neuartigen Einnahmequellen. Vergangene Woche erst hatte eine 39köpfige EU-Expertenkommission im Kampf gegen „Fake News“ die staatliche Förderung von „Qualitätsmedien“ empfohlen, um so die Pressevielfalt in Europa zu erhalten. Ausgewählte Medien, so die Beratergruppe, deren einziges deutsches Mitglied ARD-Aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke war, könnten zum Beispiel mit Sonderregelungen bei der Mehrwertsteuer oder anderen Steuervorteilen begünstigt werden.