© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/18 / 23. März 2018

Aufgeschnappt
Hüllen in Holstein
Matthias Bäkermann

Warum soll nicht auch das holsteinische Heikendorf einen Beitrag zur in Hollywood angestoßenen #MeToo-Debatte leisten? Das dachte sich jüngst Gemeindevertreterin Karla Schmerfeld. „Als Frau stoßen mich diese Bilder ab“, entrüstete sich die 64jährige SPD-Politikerin öffentlichkeitswirksam, nachdem Ende Februar der Künstler Kai Piepgras einige seiner Gemälde für die Aktion „Kunst und Politik“ im Rathaus aufhängte. Dabei heißt dessen dort drapierte, übrigens kaum Haut zeigende Werkserie beschwörend „Hommage an die Schönheit der Weiblichkeit“. Aber die Genossin weigerte sich laut Kieler Nachrichten am 9. März, „stundenlang auf einen Lederstiefel mit Stiletto-Absatz zu gucken“. Deshalb verlangte Schmerfeld, die in sexistischer Manier „Frauen portionsweise abbildenden“ Kunstwerke zu verhängen. 

Gehorsam ließ Bürgermeister Alexander Orth (SPD) bereits zur folgenden Bauausschußsitzung Laken über die „unpassenden“ Bilder werfen, nur Landschaftgemälde blieben sichtbar. Doch anstatt nun als aufrechter MeToo-Beitrag gewürdigt zu werden, verursachte die „absurde Bilderposse“ fast überall nur Kopfschütteln. Selbst der lokale Seniorenbeirat wollte das „Provinztheater“ (Künstler Piepgras) nicht mitspielen und tagte vergangene Woche im unverhüllten Ratssaal.