© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/18 / 16. März 2018

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Unter sich bleiben
Paul Rosen

Von den beiden Beauftragten im Bundestag ist der Wehrbeauftragte der bekanntere. Hans-Peter Bartels (SPD) ist der Kummerkasten der Bundeswehr. Schlagzeilen macht sein immer dramatischer werdender Jahresbericht. Vom zweiten Beauftragten ist wesentlich weniger zu hören. Das liegt in der Natur der Sache, denn es handelt sich um den „Geheimdienstbeauftragten“. Die vergangene Große Koalition schuf diesen neuen Posten, der im schönsten Behördendeutsch „Ständiger Bevollmächtigter des Parlamentarischen Kontrollgremiums“ heißt. Auf Vorschlag der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD ernannte der damalige Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) den aus dem Innenministerium stammenden Juristen Arne Schlatmann zum Geheimdienstbeauftragten. 

Im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) lassen sich Abgeordnete über die Arbeit der Geheimdienste informieren. Das alles geschieht geheim – und zwar so geheim, daß der Raum im Jakob-Kaiser-Haus, in dem das PKGr tagt, nicht einmal eine Raumnummer hat und angeblich abhörsicher ist. 

Die Aufgabe des Geheimdienstbeauftragten besteht darin, den Abgeordneten Schlapphut-Themen in verdaulichen Häppchen zu reichen. Statt 800 Seiten lange Berichte soll es kurze und verständliche Erklärungen geben. Daß da einiges unter den Tisch fallen könnte, war eine Befürchtung von Grünen und Linken. „Die Sorge war von Anfang an, daß der Ständige Bevollmächtigte zum Nadelöhr wird“, so der Linken-Abgeordnete André Hahn. Durch einen Bericht des Beauftragten zum Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz sieht sich die Opposition bestätigt. Ihrer Ansicht nach fehlten wichtige Dokumente.

Einen „stets sicheren Blick“ hatte Lammert Schlatmann zur Ernennung gewünscht. Ob sich dieser Blick immer nach vorne richtet oder häufiger auch zurück, wird inzwischen in der Bundestagsverwaltung gefragt. Mittfünfziger Schlatmann ist in der Schlapphutszene tief verwurzelt. Der heutige Chef des Bundesnachrichtendienstes, Bruno Kahl, war im Innenministerium sein Dienstvorgesetzter, der heutige Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, war Kollege. 

Jüngste Stellenausschreibungen für Schlatmanns neue Unterabteilung lösten Verwunderung aus. Gesucht wurden in internen Ausschreibungen der Bundestagsverwaltung Mitarbeiter mit Erfahrungen mit Geheimdiensten. Da reguläre Beamte des Bundestages diese Erfahrungen nicht haben, ergingen die Ausschreibungen danach öffentlich. Aufgrund dieser Ausschreibungen konnten sich faktisch nur Mitarbeiter vom Bundesamt für Verfassungsschutz, vom Bundesnachrichtendienst oder des Militärischen Abschirmdienstes beziehungsweise ehemalige Schlapphüte bewerben. 

In der Verwaltung besteht die Sorge, daß in den Diensten die Chance ergriffen werden könnte, sich selbst zu kontrollieren und das Amt des Geheimdienstbeauftragten in eine Filtrieranstalt umzufunktionieren.