© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/18 / 16. März 2018

Aufgeschnappt
Nachtigall, ick hör dir ...
Matthias Bäkermann

Bald ist es wieder soweit: In den kühlen, klaren Frühjahrsnächten heben die Männchen der Luscinia megarhynchos in den späten Abendstunden zu ihrem wunderschönen vielstrophigen Gesang an. In Berlin ist dieser sogar in innerstädtischen Gebüschen entlang vieler S-Bahntrassen zu hören.

Die Verhaltensbiologin Daniela Vallentin würde gern den Dienst einiger dieser gefiederten Freunde in Anspruch nehmen. Doch die Wissenschaftlerin an der Freien Universität, die beim Europäischen Forschungsrat bereits Gelder in Millionenhöhe akquiriert hat, beißt bei Grünen-Politikern in der Senats-Umweltverwaltung auf Granit. Zu ihrer Untersuchung gesanglicher Kommunikation für die Behandlung von Autismus bei Kindern wollte sie bei zehn wilden Nachtigallen vorübergehend Elektroden einpflanzen lassen: Abgelehnt, maulten die Hauptstadt-Ökos, das sei nur bei Zuchttieren gestattet. Prompt wollte Vallentin eine Zucht aufbauen, brauchte dafür aber dringend ein Männchen. Doch auch zum Vögeln wollten die Grünen keine Spree-Nachtigallen freigeben – allenfalls auf Sonderantrag, berichtete der Tagesspiegel vergangenen Montag. Zweifelhaft ist nun, ob dessen Genehmigung noch bis zur Brutsaison Anfang Mai erfolgt, danach droht der Verlust der EU-Forschungsförderung.