© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/18 / 09. März 2018

Eine Zäsur im Kampf um den freien Markt
Geldpolitik: Vor 50 Jahren mußte das Londoner Goldkartell aufgegeben werden / Papiergeld ermöglichte die modernen Kriege
Peter Boehringer

Bei seiner Bilanzpressekonferenz kritisierte Bundesbankpräsident Jens Weidmann vorige Woche die lockere Geldpolitik der EZB und den auf 2,3 Billionen Euro gewachsenen Anleihebestand in der Bilanz des Eurosystems. Er warnte vor einer Schulden-„Tragfähigkeitsillusion“ durch die Niedrigzinsen und erteilte der von Emmanuel Macron und der EU-Kommission vorgeschlagenen milliardenschweren „Stabilisierungsfazilität zum Abfedern sogenannter asymmetrischer Schocks“ erneut eine klare Absage. Weidmann befürchtet, daß dies „am Ende in dauerhaften Transferzahlungen mündet“.

Die Hälfte der Goldreserven liegt seit 2017 in Frankfurt

Weidmann hatte aber auch Positiveres zu verkünden: Die Bundesbank habe 2017 ihre Goldverlagerungen „erfolgreich und viel früher als geplant abgeschlossen“. Die 3.374 Tonnen Notenbankgold befänden sich nur noch an drei Orten: „Die Hälfte der Goldreserven liegt hier bei uns in Frankfurt. Die andere Hälfte lagert bei unseren beiden Partnernotenbanken, der Federal Reserve Bank in New York und der Bank of England in London.“ Daß der Bundesbankvorstand 2012 beschlossen hatte, „einen Teil der im Ausland lagernden Goldreserven nach Deutschland zu überführen“, ist allerdings weniger politischer Einsicht als vielmehr vor allem bürgerschaftlichem Engagement wie der 2011 gegründeten Initiative „Holt unser Gold heim!“ zu verdanken.

Denn seit Jahrhunderten tobt ein Kampf der Menschen um Gold und Silber als aus ihrer Sicht gutem Geld, das aus Sicht von falschgeldabhängigen Regenten störendes, da dem einzelnen Bürger Freiheit gewährleistendes Geld ist. Vor 50 Jahren mußte die Golddeckung erneut von ausgabefreudigen und unter dem Regime der Golddeckung geldklammen Regierenden aufgegeben werden: Am 14. März 1968 führten massive Goldkäufe zur zweiwöchigen Aussetzung des Handels am London Bullion Market.

Am 17. März hoben die sieben Zentralbankchefs des „Gold-Pools“ (von Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, England, Italien, den Niederlanden, der Schweiz und den USA) die Verpflichtung auf, daß ihre Währungen in großem Umfang durch Gold gedeckt sein müssen. Am 18. März beendet der US-Kongreß („An Act to eliminate the reserve requirements for Federal Reserve notes and for United States notes and Treasury notes of 1890“/Public law 90-269/H.R.14743) die interne Golddeckung des Dollars.

Der Krieg um Gold bzw. gegen einen freien Goldpreis wird seit Jahrtausenden geführt; heute mit planwirtschaftlich-manipulativer Gewalt zugunsten ungedeckten Papiergelds. Eine segensreiche Ausnahme stellte die Ära des Goldstandards (1844 bis 1914) dar, die Stefan Zweig „das goldene Zeitalter der Sicherheit“ nannte. Dieses endete mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Fast alle Notenbanken negierten ihre Goldeinlösungspflichten, so daß sie theoretisch unendlich viel Kredit- und Papiergeld schöpfen konnten, um Krieg führen zu können.

Nach Kriegsende gab es Versuche, die Stabilitätsvorteile der Golddeckung wiederzuerlangen (Konferenz von Genua 1922). Ganz gelang dies nicht – trotz der Konfiskation von Privatgold in den USA und der 1933 von Präsident Franklin D. Roosevelt verfügten 40prozentigen Dollarabwertung – von 20,67 auf 35 Dollar pro Feinunze. Doch immerhin wurde 1944 in einer Sondersituation, nachdem die USA kriegsbedingt einen großen Teil des verfügbaren Weltgoldes bei sich akkumuliert hatten, eine (auf Zentralbanken beschränkte) Goldeinlösungspflicht der US-Notenbank Fed zu einem Fixkurs von 35 Dollar pro Feinunze wiederhergestellt. Dieses Gold-Devisen-System von Bretton Woods band indirekt alle Weltwährungen an Gold, da diese einen Fixkurs zum Dollar hatten.

Planwirtschaftliches Kartell bestimmte den Goldpreis

Doch bald bröckelte dieses System: 1961 erweiterte Dwight D. Eisenhower das Goldbesitz- und Handelsverbot für US-Bürger auf ihr Gold im Ausland (Executive Order 10905). Zudem wurde ein Kartell aus acht Notenbanken („London Gold Pool“) gegründet, um den Bretton-Woods-Fixkurs gegen die anziehende Goldnachfrage aus dem freien Markt halten zu können. Sieben Jahre kontrollierte dieses planwirtschaftliche Kartell den Goldpreis. Die USA hatten teure Sozial-, Rüstungs- und Weltraumprogramme aufgelegt, für die es absehbar nicht ausreichend Staatsgold-Reserven gab. Ab 1965 erzwang zudem der Vietnamkrieg eine gewaltige Neuverschuldung, so daß die US-Geldmenge drastisch anstieg, und die chronischen US-Handelsbilanzdefizite halbierten die Staatsgoldmengen in nur zehn Jahren auf unter 10.000 Tonnen. Auch andere Staaten (Ausnahme: Deutschland) wirtschafteten nicht besser bzw. friedlicher.

Im Juni 1967 verließ Frankreich das Gold-Kartell und transferierte einen Großteil seiner Goldreserven von New York nach Paris. Am 18. November 1967 wertete die in Goldnot geratene britische Regierung das Pfund um 14,3 Prozent ab. Am 14. März 1968 war der Gold-Pool nicht mehr zu halten – obwohl Deutschland seine gewaltigen Dollarüberschüsse aus dem Außenhandel schon ab 1967 nicht mehr gegen Gold eintauschte („Blessing-Brief“ an die Fed). Trotz dieses gewaltigen Zugeständnisses des größten Dollarhalters mußte Präsident Lyndon B. Johnson im März 1968 die Golddeckung der Dollarbestände für beendet erklären. Das Goldeinlösungsrecht ausländischer Notenbanken bestand zwar formell noch bis 1971 – doch schon 1968 erzwangen die nun freien Marktkräfte einen über 35 Dollar ansteigenden Goldpreis – was die Dollarentwertung aufzeigte. Am 15. August 1971 mußte dann sein Nachfolger Richard Nixon auch diesen letzten Anker aufgeben – seitdem existiert der US-Dollar wie alle anderen Währungen nur noch als ungedecktes Papiergeld. Aber erst die Executive Order 11825 von Präsident Gerald Ford hob das US-Goldbesitzverbot Ende 1974 endgültig auf. In Deutschland war das 1923 erlassene und 1936 verschärfte Goldbesitzverbot bereits 1955 aufgehoben worden.

1980 erreichte der Wert des US-Staatsgolds bei einem Goldunzenpreis von 850 Dollar mathematisch (aber ohne Einlösungsverpflicht der Fed) zwar noch einmal kurz eine faktische 100-Prozent-Golddeckung der umlaufenden Dollarmenge. Seitdem aber überragen die permanent und derzeit explosiv steigenden US-Geldmengen bei weitem den Wert der seit 1971 unveränderten US-Goldmengen, so daß diese Deckungsrate – je nach Geldmengenbetrachtung – heute bei ein bis fünf Prozent liegt. Die Verfünffachung der Fed- und eine Verdreifachung der Bilanzsumme des Eurosystems seit der Finanzkrise 2008 belegen, daß sich die Welt beim Geld im Ausnahmezustand befindet.

Ein derart geringer Deckungsgrad ist aber kein Dauerzustand. Mit Blick auf die Geschichte ist davon ausgehen, daß er wieder steigen wird – zu Zeiten des klassischen Goldstandards lag er bei zehn bis 40 Prozent der Geldmengen. Das bedeutet eine drastische Schrumpfung des globalen Geld- bzw. Kreditvolumens und/oder einen drastisch steigenden Goldunzenpreis. Vor 50 Jahren verlor das Goldkartell eine wichtige Schlacht gegen den freien Markt. Den anhaltenden Krieg gegen gutes Geld wird die Anti-Gold-Kabale auch verlieren. Auf Dauer setzen sich freie Marktkräfte immer durch.






Peter Boehringer ist haushaltspolitischer Sprecher der AfD und Vorsitzender des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestags.





Der „Blessing-Brief“ zur Goldeinlösungspflicht des Dollars

Der „Blessing-Brief“ ist ein Schreiben des damaligen Bundesbankpräsidenten Karl Blessing an den Vorsitzenden des Federal Reserve Board der US-Zentralbank, William Martin, vom 30. März 1967. Anlaß sind die dramatischen Abflüsse von US-Zentralbankgold hin zu Volkswirtschaften mit positiver Zahlungsbilanz. Während Frankreich ab 1965 zufließende Dollar sofort in Gold umwechselte (Motto des Staatspräsidenten Charles de Gaulles: „Gold statt Dollar“) und so seine Währungsreserven zu 85 Prozent „vergoldete“, wollte die Bundesregierung Washington nicht vergraulen: „Mit dem Verzicht auf den Umtausch von US-Dollar in Gold des US-Schatzamtes hat die Bundesbank immer beabsichtigt, zur internationalen währungspolitischen Zusammenarbeit beizutragen und störende Einflüsse an den Devisen- und Goldmärkten zu vermeiden“, so Blessing. „Sie können versichert sein, daß die Bundesbank auch in Zukunft an dieser Politik festhalten und ihren Beitrag zur internationalen währungspolitischen Kooperation in vollem Umfang leisten wird.“ Ein fortgesetzter Umtausch hätte die US-Goldreserven und den Glauben an die Golddeckung des Dollars völlig ruiniert. Zudem gab es in der Exportnation Bundesrepublik Deutschland damals die Befürchtung, daß ein Abbau des amerikanischen Zahlungsbilanzdefizits mit einer restriktiveren Handelspolitik, weniger Investitionen und einem Teilabzug der US-Truppen aus Europa einhergehen könnte. (fis)

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